Präsident Rivlin bei Solidaritätskundgebung

Präsident Rivlin bei Solidaritätskundgebung

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    Präsident Reuven Rivlin Präsident Reuven Rivlin : GPO/Kobi Gideon
     
     
    Am Samstagabend (01.08.15) sprach Präsident Reuven Rivlin auf einer Demonstration gegen Gewalt und für Toleranz am Jerusalemer Zions Platz. Die Solidaritätskundgebung war eine Reaktion auf den terroristischen Brandanschlag in Duma, bei dem ein palästinensisches Kleinkind getötet wurde. Auf eines der Häuser im Dorf wurden hebräische Worte und ein Davidstern gesprüht. IDF-Kräfte, die Polizei und der Sicherheitsdienst haben begonnen, ausgedehnt nach den Tätern zu fanden. Die Demonstration war ebenfalls eine Reaktion auf den Messerangriff eines ultraorthodoxen Mannes am 30. Juli, bei dem sechs Menschen an der Gay Parade in Jerusalem verletzt wurden, eines der Opfer erlag am 2.8. ihren Verletzungen; es handelte sich umd 16jährige Shira Banki. 


    Im Folgenden die Rede von Präsident Reuven Rivlin:

    „Freunde, 
    Flammen breiten sich in unserem Land aus. Flammen der Gewalt, Flammen des Hasses, Flammen der falschen, verdrehten und pervertierten Überzeugungen. Flammen, die das Blutvergießen erlauben – im Namen der Torah, im Namen des Gesetzes, im Namen der Moral, im Namen der Liebe zum Land Israel.

    Am Abend des 15. Aw (30.07.15), am Tag des jüdischen Festes der Liebe, wurden sechs israelische Bürger im Zentrum Jerusalems grausam niedergestochen. […]

    Zu meinem großen Entsetzen jedoch endete das Blutvergießen, der Pfad des Hasses und des Mordens, nicht dort. Im Laufe derselben Nacht brannten jüdische Terroristen das Haus der Familie Dawabsha im Dorf Duma nieder. Dabei töteten sie den Sohn Ali, ein Baby, und verletzten seinen vierjährigen Bruder und den Vater schwer. Die Mutter kämpft noch um ihr Leben. 

    Am Freitag besuchte ich die Familie im Tel Hashomer Krankenhaus. Ich besuchte sie schweigend, beschämt. Mir graute es vor der Kraft des Hasses. Ich war beschämt, weil es in einem Land, das die Ermordungen von Shalhevet Pass, der Familie Fogel, von Adele Biton, von Eyal, Gilad, Naftali und Muhammad Abu Khdeir miterleben musste, immer noch Menschen gibt, die nicht zögern, das Feuer zu entfachen, ein Baby zu verbrennen und Hass und Terror zu vergrößern. 

    ‚Und ob ihr schon viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut‘, rief der Prophet Jesaja. 

    Wir können nicht damit fortfahren, diese Flammen nicht ernst zu nehmen, welche die Öffentlichkeit in Israel als ein unglückliches Zusammentreffen von Ereignissen verzehren. Diese Flammen, die uns alle verzehren, können nicht durch schwache Verurteilungen gelöscht werden. Diese Flammen können nicht durch Solidaritätsbekundungen gelöscht werden. Nicht einmal durch diese Solidaritätsdemonstration. 

    Diese Flammen können nicht durch Facebook-Posts und Erklärungen in den Medien gelöscht werden. Diese Flammen können nicht durch Verdrängung, Leugnung und Ignorieren gelöscht werden. Hetze, Verhöhnung, Frivolität, Laxheit und Arroganz im Herzen können dieses Feuer nicht löschen, sondern lassen es nur größer werden, mit Eifer, sich in alle Richtungen ausbreitend und alle Gesellschaftsschichten durchdringend. Eine unverhohlene Missachtung der Rechtsstaatlichkeit, der menschlichen Würde, der Liebe zur Menschheit, der Liebe zu Israel und der Meinungsfreiheit hat sich unter uns ausgebreitet und richtet einen verheerenden Schaden an. 

    Es wurde hier eine Atmosphäre geschaffen, die Nachsicht gegenüber Taten, die naiv als ‚Unkraut‘ bezeichnet werden, erlaubt. Jede Gesellschaft hat mit extremistischen Rändern zu kämpfen, doch heute müssen wir uns fragen: Was ist das für ein öffentliches Klima, das es Extremismus und Extremisten erlaubt, sich selbstbewusst am helllichten Tage fortzubewegen? Was hat diesem ‚Unkraut‘ die Möglichkeit gegeben, die Sicherheit eines ganzen Blumengartens zu bedrohen? 

    Diese Flammen können nicht durch Verdrängung gelöscht werden. Um die Flammen zu löschen, müssen wir viel entschiedener und entschlossener sein. Wir müssen gründlich und klar vorgehen: vom Bildungssystem aus über diejenigen, die Recht sprechen, bis hin zu den Führern des Landes und des Volks. Wir müssen die Flammen, die Hetze, löschen, ehe sie uns alle zerstören.

    Bürger Israels, 
    das jüdische und demokratische Israel, das demokratische und jüdische Israel braucht heute einen Weckruf. Das Israel der Unabhängigkeitserklärung, das Israel in der Vision der Propheten, das Israel des Mitleids und Erbarmens, braucht heute einen Weckruf. Wir werden keine Fanatiker sein. Wir werden keine Tyrannen sein. Wir werden kein Staat der Anarchie werden.

    Der Staat Israel war und wird weiterhin ein Rechtsstaat sein. Der Staat Israel war und wird weiterhin ein Staat der Freiheit, der Toleranz und der Gerechtigkeit sein. Der Staat Israel war und wird weiterhin unser Zuhause sein. Das Zuhause von uns allen. 

    ‚Alsdann wirst du eine Stadt der Gerechtigkeit und eine fromme Stadt heißen‘, sagte der Prophet Jesaja.

    Amen.“ 

    (MFA, 31.07.15)