Jom Kippur-Krieg vor 40 Jahren

Jom Kippur-Krieg vor 40 Jahren

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    Yom Kippur ist der höchste jüdische Feiertag. Wörtlich bedeutet Yom Kippur „Tag der Sühne“, wenn im Deutschen auch oft vom „Versöhnungstag“ die Rede ist. Er ist ein Tag der Buße und Umkehr (Lev. 23, 27-32), an dem die Verfehlungen des einzelnen Menschen gesühnt werden. Würde und feierlicher Ernst sind an diesem Tag in der Öffentlichkeit stärker ausgeprägt als bei anderen Festen. Das Land Israel kommt für 25 Stunden zu einem absoluten Stillstand.

    In diesem Jahr wird in Israel noch mehr als in anderen Jahren des Jom-Kippur-Krieges gedacht, der am Yom Kippur vor vierzig Jahren (6. Oktober 1973) mit dem Überraschungsangriff der syrischen und ägyptischen Armeen gegen Israel begann.

    Botschafter Yigal Caspi diente während dem Yom Kippur-Krieg als Leutnant bei der Artillerie auf den Golanhöhen. Unter seinem Kommando standen damals auch zwei Schweizer, einen davon traf er nun als Botschafter in der Schweiz und erkannte ihn nach 40 Jahren sofort wieder. Auf dem ersten Bild ist er mit einem eroberten syrischen Panzer zu sehen.

    In einem Bericht in der heutigen Ausgabe von Tachles erinnert er sich an diese Zeit. Den Artikel finden Sie hier: http://bit.ly/1e8luDk

     

     

     

     

     

    Auch in vielen israelischen Zeitungen war der vierzigste Jahrestag des traumatischen Überfalls Anlass für historische Rückblicke und Diskussionen über die Aktualität der Ereignisse. Im Folgenden die Übersetzung des persönlichen Rückblickes des Journalisten Gideon Alon, der in der Zeitung Israel ha-Jom erschien:

     
    Als ob keine vierzig Jahre vergangen wären
     
    Von Gideon Alon, Israel ha-Jom, 12.09.13
     
    Obwohl schon vierzig Jahre vergangen sind, verblassen die Erinnerungen an den Yom-Kippur-Krieg nicht. Sie kehren wieder und tauchen immer dann auf, wenn du Freunde triffst, die mit dir in derselben Einheit in den Sanddünen des Sinai gedient haben. Sie kehren zurück und erwischen dich kalt, wenn du im Fernsehen Bilder aus jenen Tagen siehst. Sie werden fast wirklich, wenn ich die Schwarzweiß-Fotografien oder die Artikel ansehe, die ich damals in der Zeitung „Haaretz“ veröffentlichte und in denen ich den Alltag der Reservesoldaten beschrieb.
     
    Da ist zum Beispiel die Geschichte einer flüchtigen Begegnung, die wir im Februar des Jahres 1974 mit ägyptischen Soldaten hatten, nachdem der Waffenstillstand ausgerufen worden war – dieselben Soldaten, gegen die wir in langen Wochen gekämpft hatten. Überraschend näherten sich die drei Soldaten der Zweiten Armee in ihren hellen Uniformen dem uns trennenden Stacheldrahtzaun und winkten mit den Armen. Für einen Moment schien es, als ob sie sich ergeben wollten, da sie keine Waffen trugen. Erst als wir zum Zaun kamen, erkannten wir ihre Absicht. Sie wollten nur mit uns sprechen und gemeinsame Fotos machen. Als ob sich auf diesen Sanddünen nicht erst vier Monate zuvor schwere Kämpfe zugetragen hätten, bei denen wir unsere Freunde verloren, deren Leichname wir später bargen.
     
    Wortlos lächelten wir sie an und sie erwiderten unser Lächeln, und wir wussten nicht, was wir sagen sollten. Die Barrieren waren plötzlich verschwunden. Plötzlich sahen wir, dass sie Menschen wie wir waren. Menschen, die letztlich einfach nur in Frieden nach Hause kehren wollten. Wir sahen, dass ihre Augen nicht böse waren und etwas anderes vermittelten als die Reden ihrer Führer. Wir machten gemeinsame Fotos, tauschten auf einem Fetzen Papier unsere Privatadressen aus und baten darum, uns die historische Aufnahme zu senden. Wir luden sie auch zu einem gemeinsamen Volleyballspiel auf dem Feld, das wir mithilfe des Tarnnetzes eines Panzers improvisiert hatten. Doch sie zögerten. „Unsere Befehlshaber wissen nicht, dass wir hergekommen sind und sie gestatten keine Kontaktaufnahme mit den Juden“, sagten sie und blickten zwischen die Dünen.

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