Streitthema Freilassung von Häftlingen

Streit: Kommentare zur Freilassung von Häftlingen

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     : IPS
    Die Flagge des Israeli Prison Service (Foto: IPS)
     
     Schmerzhaft, aber gerechtfertigt
    Von Dr. Nachman Shai, Israel ha-Yom, 29.07.13

    Um gleich zum Punkt zu kommen: die Entscheidung für die Freilassung von Häftlingen – darunter israelische Häftlinge und Häftlinge mit Blut an den Händen – ist eine schlechte Entscheidung, und besser wäre es gewesen, es wäre nie dazu gekommen. Das ist jedem klar und die Angelegenheit bedarf keiner Erklärung. Es ist jedoch unmöglich, die Entscheidung aus dem allgemeinen Kontext zu lösen, innerhalb dessen sie getroffen wurden. In diesem Kontext ist die Entscheidung zwar schmerzhaft, aber gerechtfertigt.
    Israel hat gestern den Verhandlungsprozess mit den Palästinensern begonnen und das ist ein sehr bedeutender Moment. Am Ende des Prozesses könnte eine Regelung zwischen Israel und den Palästinensern erreicht werden. Wir wollen diese Regelung und wir brauchen sie. Allein eine solche Regelung wird garantieren, dass der Staat Israel der Nationalstaat der Juden bleibt, und kein Zweistaatengebilde, in dem wir einander bis ans Ende der Tage prügeln.
    Binyamin Netanyahu hat gestern mutig gehandelt. Manche seiner Vorgänger handelten wie er, andere nicht. Er kann auf das Porträt Menachem Begins blicken, ohne Zweifel der wichtigste Führer aus dem revisionistischen Lager (neben Jabotinsky), von GACHAL* und dem Likud. Es war Menachem Begin, der dem Rückzug aus dem Sinai bis zum letzten Zentimeter zustimmte. Es war Menachem Begin, der als erstes das nationale Recht der Palästinenser anerkannte. Binyamin Netanyahu erkennt, was einzelne seiner Kabinettsmitglieder und, wie es aussieht, auch viele seiner Parteigenossen, nicht erkennen: dass dies im Moment der einzige ihm offen stehende Weg ist. Als einer, der die Sicherheit Israels als sein oberstes Interesse bezeichnet, wie er es immer wieder betonte, sieht er diese Entscheidung – auch wenn sie vermutlich ein Sicherheitsrisiko beinhaltet – als einen Beitrag zur Sicherheit Israels und seiner internationalen Stellung.
    Zwischen der Arbeitspartei, ihrer Fraktion in der Knesset, der ich angehöre, und Netanyahu bestehen erhebliche Differenzen. Wir werden heute sehr kämpferisch in die Haushaltsdebatte gehen und wieder und wieder gegen seine ökonomischen Entscheidungen stimmen, die der israelischen Gesellschaft schaden. Aber wenn es darauf ankommt, werden Netanyahu die 15 Abgeordneten der Arbeitspartei unterstützen, und ihm helfen, Frieden und Sicherheit zu erlangen.
    *GACHAL oder GAHAL war das größte rechte politische Parteienbündnis in Israel, angeführt von Menachem Begin seit seiner Gründung im Jahre 1965.

    (Der Autor ist Abgeordneter der Arbeitspartei in der Knesset.)
    Die auf der Website veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die politische Diskussion in Israel.
     
    Ein hoher Preis für den Leerlauf
    Von Tzipi Hotovely, Israel ha-Yom, 29.07.13

    Die israelische Regierung hat gestern eine falsche und skandalöse Entscheidung getroffen. Es gibt nichts Absurderes, als Friedensgespräche mit der Freilassung von Terroristen zu beginnen, die kalten Blutes Frauen, Kinder und Soldaten ermordet haben.
    Die Öffentlichkeit spürt berechtigt die fehlende Moral darin, einen Prozess, der dem Blutvergießen ein Ende setzen soll, mit der grundlosen Freilassung rechtmäßig verurteilter Mörder zu beginnen. Durch ihre nicht verhandelbare Forderung nach der Freilassung von brutalen Mördern zeigen uns die Palästinenser, dass es ihnen um die Glorifizierung des Terrors und nicht um Frieden geht.
    Ministerpräsident Binyamin Netanyahu hat vor der Öffentlichkeit und vor der Fraktion des Likud versichert, dass die wichtigste Errungenschaft vor der Eröffnung der gegenwärtigen Verhandlungen das Fehlen von Vorbedingungen sei. Tatsächlich ist von allen Vorbedingungen, die von der Mehrheit der Kabinettsmitglieder allesamt abgelehnt werden, die Freilassung von Terroristen diejenige, die am meisten schmerzt und die Öffentlichkeit empört. Die Entscheidung der Regierung wird die Verhandlung vom ersten Tag an mit dem Gefühl begleiten, dass die israelische Seite erneut gibt, ohne etwas dafür zu bekommen.
    Die Palästinenser haben ihre Ernsthaftigkeit zu Beginn des Prozesses nicht unter Beweis gestellt. Sie haben nicht ihre Bereitschaft erklärt, das Recht Israels anzuerkennen, als jüdischer Staat fortzubestehen (die Bedingung, die Netanyahu in seiner Bar-Ilan-Rede formulierte). Es besteht kein Zweifel, dass Netanyahu nicht auf mehr verzichten wird als seine Vorgänger Olmert und Barak. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder in einer Sackgasse stecken. Ist es wirklich wert, im Namen des Prozesses auf eines der wichtigsten Prinzipien des Staates Israel in seinem Kampf gegen den Terror zu verzichten? Ich schreibe diese Worte nicht als Bürgerin, sondern als stellvertretende Ministerin, als jemand, der offiziell den Regierungsreihen angehört, auch wenn die stellvertretenden Minister kein Abstimmungsrecht in der Regierung besitzen. Wäre es mir möglich gewesen, hätte ich mich meinen Parteifreunden im Likud angeschlossen, den Ministern Katz und Erdan, und gegen den Plan gestimmt. Der Sinn dieses Artikels am Tag danach besteht darin, der Regierung zu sagen, dass es noch nicht zu spät ist, den Prozess zu stoppen, der in vier Phasen umgesetzt werden soll.
    Es ließe sich eine Ausstiegsklausel einfügen, die Israel von der Verpflichtung zur Häftlingsfreilassung befreit, wenn die palästinensische Seite nicht aufrichtig den Konflikt beenden will. Es ist noch nicht zu spät, gegen die Entscheidung zu stimmen – falls nicht, bleiben wir mit einem gefährlichen Präzedenzfall zurück.
    (Die Autorin ist stellvertretende Ministerin für Verkehr, Nationale Infrastruktur und Straßensicherheit und Abgeordnete der Likud-Partei.)
    Die auf der Website veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die politische Diskussion in Israel.