Von Tariq Alhomayed, asharq alawsat, 17.11.12
Unglücklicherweise gibt es in unserer Region mittlerweile so etwas wie ein Wettrennen der Kriege, das heißt, jeder Krieg dient dazu, einen anderen zu überdecken. Mit anderen Worten sind diese Kriege nichts anderes als eine Flucht nach vorn. Daher ist auch das, was gerade im Gazastreifen passiert, eine Flucht nach vorn, vor allem in der Hoffnung, [den syrischen Präsidenten] Assad zu retten oder zumindest sicherzustellen, dass die Kosten dafür, ihn zu stürzen, für alle höher sein werden. Der größte Architekt solcher Kriege ist der Iran, so etwa mittels der unbemannten Ayoub-Drohne und der ungezählten Versuche auf der Halbinsel Sinai.
Als die Front in den Golanhöhen sich für Assad und den Iran nicht schnell genug bewegte, haben sie sich an die Gaza-Front gehalten, da diese viel schneller in Flammen gesetzt werden kann, weil das auch für Israel einfacher ist.
Für Israel ist der Gazastreifen wie ein Sandsack, den man für Training und zum Muskelaufbau nutzen kann, während durch einen Erfolg im Gazastreifen mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen würden. Im Gazastreifen ist Tel Aviv in der Lage, die Hamas zu zerschlagen und Ägypten und Mursi bloßzustellen, der in jedem Fall der größte Verlierer dieses Kampfes sein wird, egal, was er tut. Denn wenn Mursi politisch siegt, verliert er seine Popularität und umgekehrt – falls dem ägyptischen Präsidenten nicht irgendein politisches Wunder gelingt, dass seine Cleverness zeigt. Doch er hat nicht wirklich eine Wahl. Was Israel betrifft, so ist ein Angriff auf den Gazastreifen eine starke Botschaft an Assad und stutzt dem Iran die Flügel, vor allem, wenn es zu einem israelischen Angriff auf den Iran kommen sollte. Vor allem anderen vergrößert ein Angriff auf den Gazastreifen die Chancen Netanyahus bei den anstehenden Wahlen.
Was ist nun aber mit Syrien? Nun, die beste Lösung dafür, den Krieg – oder die Luftangriffe – im Gazastreifen zu beenden, ist es, zum Thema Syrien zurückzukehren. Denn wer immer auch für den Abschuss der selbstgemachten Raketen aus dem Gazastreifen verantwortlich ist, war sich dessen vollkommen bewusst, dass es kein Gleichgewicht gibt. Der einzige Zweck war, Assad zu retten, dessen Tage gezählt sind; seine Absetzung wartet schon um die Ecke auf ihn! Es ist auch ein Krieg, der die arabischen Akteure ablenken soll – und wir haben heute gesehen, wie sie einander überbieten.
Die Araber konnten daher eine fundamentale Frage nicht stellen, die da heißt: Wer hat die Gaza-Front angezündet? Und warum jetzt? Dies ist eine essentielle Frage, vor allem, da [Hisbollah-Chef] Hassan Nasrallah die Araber dazu aufruft, Druck auf die USA auszuüben, um der Aggression ein Ende zu setzen. Warum also verlangt Nasrallah nicht von den Hintermännern des Iran im Gazastreifen, damit aufzuhören, den Gazastreifen ins Ungewisse zu stürzen? Warum haben er und der Iran nicht von Assad verlangt, die Gewalt gegen das syrische Volk zu beenden? Es geht hier nur darum, einander zu überbieten, und alle machen mit.
Was ich sagen möchte, ist: Wer weiß schon, was passieren wird? Die Geister könnten sich schnell gegen den Zauberlehrling richten: Wenn die bewaffneten palästinensischen Gruppen im Gazastreifen, einschließlich der Hamas, nicht weiter kämpfen wollen, weil sie es nicht können; wenn Israel seine Aggression nicht weiter fortsetzen möchte, weil es glaubt, dass es schon viel erreicht hat, und das auf verschiedenen Ebenen. Und was das Ägypten Mursis betrifft, will oder kann es diese Krise nicht ertragen, noch möchte die internationale Gemeinschaft das.
Daher ist der beste Weg so schnell wie möglich Gaza zu verlassen und sich Syrien zuzuwenden, da das Feuer aus und in Gaza das Ergebnis eines Funkens ist, der von Assad entzündet wurde. Nun mögen sich also die selbstgerufenen Geister gegen den Zauberlehrling wenden, besonders, da ohnehin alle von der Bedrohung überzeugt sind, die das Assad-Regime darstellt und von der Notwendigkeit, es zu stürzen. Die Lösung für den Gazastreifen ist die Rückkehr nach Syrien und die Beschleunigung des Sturzes des kriminellen Regimes des Tyrannen von Damaskus.
Der Autor ist Herausgeber der in London erscheinenden Zeitung „asharq alawsat“.
Die auf der Website veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die politische Diskussion in Israel und der Region.
Der Originalartikel auf der englischsprachigen Webseite der Zeitung