Immer noch die gleichen Araber

Immer noch die gleichen Araber

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    ​​Von Ziad Abu-Habla, Haaretz, 20.02.13
     
    Die Ergebnisse der Knessetwahlen haben mich nicht sonderlich überrascht. Als einer der Vielen, die die Wahlen in Protest gegen den Separatismus der arabischen Parteien einerseits und ihre Diskriminierung durch die Regierungsparteien andererseits boykottiert haben, fiel es mir nicht schwer, das Wahlergebnis vorherzusehen.
     
    Die Rechte ist die gleiche Rechte, nur radikaler und zersplitterter, die Araber sind die gleichen Araber, nur zersplitterter, und das bekannte Paradigma „ohne Cherut (von Menachem Begin) und die Kommunisten“* ist immer noch die gläserne Decke, die eine Koalitionsbeteiligung der arabischen Parteien verhindert.
     
    Ich bin nicht enttäuscht von den Erklärungen des frischgebackenen Politikers Yair Lapid, der die Bildung eines gemeinsamen Blocks der Mitte-links- und der arabischen Parteien ausgeschlossen hat, der eine Rechtskoalition hätte verhindern können. Er unterscheidet sich darin nicht von den alteingesessenen Ministern, die auf der Fantribüne von Beitar Jerusalem sitzen, während um sie herum „Tod den Arabern“ gegrölt wird.
     
    Enttäuscht bin ich dagegen von der Schwäche der arabischen Parteien, die sich mit den einschränkenden Spielregeln arrangiert haben, die ihnen das Establishment diktiert – ein Establishment, das in ihnen nur eine Minderheit ohne Einfluss sieht. Dieses Sich-Arrangiert-Haben drückt sich in dem Streben aus, überhaupt in die Knesset zu kommen, anstelle ihre Kräfte zu vereinen, um die Spielregeln zu verändern und die gläserne Decke zu durchstoßen.
     
    Ich sage nicht, dass die arabischen Parteien in den mehr als 60 Jahren ihres Kampfes nichts erreicht hätten – mir ist klar, dass sie letztendlich in einer Umgebung tätig sind, die nicht ihre ist. Meine Kritik an ihnen betrifft vielmehr eine wachsende Distanz zum Wähler in den letzten zehn Jahren und ihre Weigerung, Strategien zu entwickelt, die an die tiefgreifenden Veränderungen angepasst sind, die sich in der politischen Arena vollziehen.
     
    Ich mache dem Wähler, der sie mit der Begründung „das kleinere Übel“ gewählt hat, keinen Vorwurf, aber ich mache den Parteien ganz entschieden den Vorwurf, dass sie das schon als Erfolg sehen – und das, wenn 50% der potentiellen arabischen Wähler zu Hause geblieben sind. Ich mache ihnen ihren Anteil daran zum Vorwurf, dass sie das Komitee der arabischen Bürger Israels faktisch zerstört haben und die regionalen Vertretungen der Araber in der politischen Arena geschwächt. Gar nicht zu reden davon, dass es ihnen nicht gelungen ist, auch nur ein rassistisches Gesetz zu verhindern oder gar den Prawer-Plan zur „Ordnung“ der beduinischen Siedlungen im Negev aufzuhalten.
     
    Durch ihre Aufrufe an die Wähler kurz vor Schließung der Wahllokale ist es den arabischen Parteien gelungen, den arabischen Wähler durch eine ungekannte Zurschaustellung von Separatismus zu verschrecken und ihm zu erzählen, wer nicht wählen gehe, werde die zionistischen Parteien stärken und so eine „Zerstörung der Ehre“ der arabischen Bevölkerung herbeiführen. Sie haben versucht, in zwei Stunden wettzumachen, dass es ihnen über Monate nicht gelungen ist, den arabischen Wähler zu überzeugen – indem sie den Schwerpunkt vom eigentlichen Thema, dem Kampf um die Rechte, zu einem Kampf um die Ehre verschoben haben.
     
    Ihr Unvermögen, eine politische Kultur zu entwickeln, hat den separatistischen und heuchlerischen Diskurs nur noch verstärkt. Die Realität hat sich nicht verändert: Der selbe Knessetabgeordnete, dessen Name hier nichts zur Sache tut, wird weiterhin in der Knesset über die Shoah sprechen und am nächsten Tag die Märtyrer von Ramallah loben und den Katarern, Ägyptern und Jordaniern beweisen, dass er ein nicht weniger guter Patriot ist als sie. So erhalten die arabischen Parteien und die arabische Bevölkerung insgesamt ein wenig schmeichelhaftes Image, ein Image, das immer der israelischen Rechten in die Hände gespielt hat.
     
    Nichts hat sich wirklich verändert. Nicht, weil ich nicht gewählt habe, sondern, weil es nicht eine arabische Partei gab, die Verantwortung übernommen und anders gedacht hätte. Der separatistische Ansatz wird keine Wunderlösungen herbeiführen, er wird dazu führen, dass die Position der arabischen Bevölkerung noch viele Jahre unterlegen bleiben wird und unser Kampf um echte rechtliche Gleichstellung durch einen inneren religiösen Graben abgelöst wird.
     
    Die arabische Bevölkerung muss einen liberaleren und offeneren Ansatz wählen, der zu einer Änderung der Spielregeln führt. Sie muss die Trennung zwischen Staat und Religion unterstützen und von ihren Führern fordern, Mindeststandards für den Stand der arabischen Bürger zu definieren. Diese Mindeststandards sind dann eine Art Gütesiegel für jede Partei, die um die Stimmen der arabischen Bürger wirbt, die dann von welcher Seite auch immer nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden. Es ist auch keine Schande, von den jüdischen Gemeinden weltweit zu lernen, denen es gelungen ist, Einfluss zu nehmen, obwohl sie eine Minderheit sind.
     
     
    Der Autor ist arabisch-israelischer Politik- und Wirtschaftswissenschaftler.

    Die auf der Website veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die politische Diskussion in Israel.
     
    * “Ohne Cherut (die revisionistische Bewegung) und ohne die Kommunisten“ ist ein vom ersten israelischen Ministerpräsidenten David Ben-Gurion geprägter Ausspruch, der beschreibt, dass beide Parteien an keiner Koalition beteiligt werden sollten. Erst knapp zwanzig Jahre nach Staatsgründung, am Vorabend des Sechs-Tage-Krieges 1967, wurden die Revisionisten in die Regierung aufgenommen. 1977 gewann die Nachfolgepartei, der Likud, erstmals die Wahlen zur Knesset.