Rami Harpaz, der Anführer der in Israel legendären „Übersetzerpiloten“
ist am vergangenen Donnerstag verstorben.
Harpaz war Pilot der Israelischen Luftwaffe und geriet während des
Abnutzungskrieges zwischen Israel und Ägypten 1970 in ägyptische Kriegsgefangenschaft.
Dort teilte er sich eine Zelle gemeinsam mit neun anderen Soldaten der
Israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Über das Rote Kreuz wurden die
Gefangenen regelmäßig mit Büchern versorgt. Der Bruder eines weiteren Piloten
schickte eines Tages über das Rote Kreuz eine englischsprachige Ausgabe des
Buches „Der Hobbit“ von J.R.R. Tolkien.
Was dann passierte, schilderte Harpaz später so: „Wir waren eine Gruppe
von zehn Kriegsgefangenen, und unter uns gab es einige, die kein Englisch lesen
konnten. Damit sie also auch in diesen Genuss kommen könnten, entschieden wir
uns, für sie den „Hobbit“ zu übersetzen. Wir wollten gern die Idee
herüberbringen, obwohl niemand von uns wirklich ein guter Übersetzer war.“
Harpaz erklärte später zur Übersetzungsmethode der Gruppe: „Wir haben
mehr oder weniger in zwei Paaren gearbeitet. Einer hat den Text auf Englisch
gelesen und auf Hebräisch nachgesprochen. Das war dann natürlich kein schönes
Hebräisch, und der zweite hat es in einem Hebräisch aufgeschrieben, das man
verstehen konnte. Danach haben wir dann das Hebräisch genommen und nochmal ein
irgendwie logisches Hebräisch daraus gemacht.“
Die Kriegsgefangenen wurden nach dem Yom Kippur-Krieg 1973 nach mehr
als drei Jahren in einem Gefangenenaustausch wieder freigelassen. Am Ende ihrer
Gefangenschaft hatten die vier Piloten sieben Notizhefte eng vollgeschrieben,
die sie mit nach Hause nach Israel nahmen.
1976 erschien die erste Übersetzung des „Hobbit“ ins Hebräische – doch ein
Jahr später wurde auch die von da an als „Übersetzung der Piloten“ bezeichnete
Version von Harpaz und seinen Mitgefangenen veröffentlicht. Die
Veröffentlichung wurde zunächst noch von der Luftwaffe der Israelischen
Verteidigungsstreitkräfte finanziert, sie wurde jedoch im Folgenden in Israel äußerst
populär und wird bis heute von vielen Leserinnen und Lesern geschätzt.
Harpaz, der nach der Freilassung der Gefangenen in den Dienst der
Luftwaffe zurückkehrte, bezeichnete später einmal die Zeit der
Kriegsgefangenschaft als „konstruktives Trauma“, die dreieinhalb Jahre seien
keine verlorene Zeit gewesen.
In seinem Kondolenzschreiben an die Familie Harpaz schrieb
Staatspräsident Reuven Rivlin:
„Rami war ein Teil der Geschichte des Staates Israel, des Volkes Israel
und der israelischen Luftwaffe. Auch nach seiner Rückkehr aus der
Kriegsgefangenschaft bestand er darauf, noch viele Jahre als Pilot und Kommandant
regulär und in der Reserve zu dienen. Rami steht mit seiner Persönlichkeit für
das schöne Israel, das Israel, das hilft und etwas beiträgt. Ein Israel der
gegenseitigen Bürgschaft. Obwohl er ein legendärer Pilot war, bewegte er sich
unter uns mit großer Bescheidenheit, als sei er einer von uns.“
Rami Harpaz verstarb eine Woche vor seinem 80. Geburtstag.
(Haaretz/Jerusalem Post/Präsidialamt, 26./27./2.8.01.19)