Nachfolgend die
Ausführungen von Premierminister Naftali Bennett auf seiner gemeinsamen Pressekonferenz
mit Bundeskanzler Olaf Scholz (2. März 2022):
„Herr
Bundeskanzler, herzlich willkommen in Jerusalem. Ich freue mich sehr, dass Sie
sich entschieden haben, auf einer Ihrer ersten Stationen als Bundeskanzler
Deutschlands zu uns, nach Israel, zu kommen.
Das ist nicht
selbstverständlich. Wir haben den Tag in Yad Vashem begonnen, dem Ort, der uns
an die Wunde erinnert, die die Grundlage der Beziehungen zwischen Israel und
Deutschland ist. Diese Beziehungen haben seit David Ben-Gurion und Adenauer
einen langen Weg zurückgelegt, und sie sind beständiger denn je. Gemeinsam
werden wir sie vertiefen und ausbauen.
Ich freue mich
auch, Ihnen heute mitteilen zu können, dass der Bundeskanzler und ich uns auf
eine neue strategische Zusammenarbeit zwischen dem Staat Israel und Deutschland
geeinigt haben. Diese wird in Form eines halbjährlichen Dialogs über
sicherheitspolitische und diplomatische Fragen stattfinden. Ich denke, dass
dies eine bedeutende Verbesserung unserer Beziehungen darstellt.
Herr
Bundeskanzler, Sie kommen zu einem sehr schicksalhaften und sensiblen Zeitpunkt
hierher. Wir haben gerade ausführlich über die Lage in der Ukraine gesprochen.
Unsere Pflicht als Staats- und Regierungschefs ist es, alles in unserer Macht Stehende
zu tun, um das Blutvergießen zu stoppen und die Geschehnisse auf dem
Schlachtfeld so schnell wie möglich an den Verhandlungstisch zu bringen; noch
ist es nicht zu spät.
Zu meinem
Bedauern haben wir in Israel Erfahrung mit Kriegen. Ihr Preis ist hoch, wie wir
bereits gesehen haben. Leider könnte es noch viel schlimmer werden.
Der Staat Israel
steht an der Seite der Menschen in der Ukraine. Wir haben beträchtliche
humanitäre Hilfe geleistet - drei Flugzeuge mit 100 Tonnen Ausrüstung, vor
allem medizinischer Art - und wir sind entschlossen, diese Hilfe fortzusetzen
und noch mehr zu tun.
Herr
Bundeskanzler, wir haben auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Iran weder
Atomwaffen besitzt noch die Möglichkeit hat, sie zu erlangen, nicht solange wir
darüber wachen, niemals.
Wir beobachten
die Gespräche in Wien genau, auch im Hinblick auf die Möglichkeit, dass ein
Abkommen unterzeichnet wird, das Iran erlaubt, innerhalb weniger Jahre
Zentrifugen in großem Umfang zu installieren. Diese Möglichkeit ist für uns
inakzeptabel.
Israel wird sich
zu verteidigen wissen und sowohl seine Sicherheit als auch seine Zukunft
gewährleisten. Wir erwarten auch von unseren Freunden in der Welt, dass sie
eine massive Installation von Zentrifugen in weiteren zweieinhalb Jahren nicht
hinnehmen und sich schon jetzt auf den Tag danach vorbereiten.
Herr
Bundeskanzler, Sie haben mir gesagt, dass Sie drei Parteien in der Koalition
haben. Ich habe acht. Zu Ihrem Bedauern haben Sie sich an diesen
Schwierigkeiten beteiligt. Die Wahrheit ist aber, dass wir gelernt haben, dass
viele Parteien nicht unbedingt etwas Schlechtes sind. Sie sind Ausdruck eines
breiten Spektrums verschiedener Meinungen, verschiedener Menschen; unsere
Bewährungsprobe als Demokratie besteht darin, dass wir wissen, wie wir mit
verschiedenen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zusammenarbeiten können.
Die Welt, die wir
bisher kannten, verändert sich. Die Herausforderungen sind groß. Wir müssen uns
die Hände reichen und zusammenarbeiten, um sie zu bewältigen.
Willkommen in
Jerusalem, Herr Bundeskanzler. Aufgrund der Umstände ist dies ein kurzer
Besuch, aber Sie haben darauf bestanden, zu kommen, und wir haben in unseren
Gesprächen bereits viele konkrete Inhalte vermitteln können. Ich danke Ihnen
sehr.“
(Amt des
Premierministers, 02.03.2022)