Am Montag (10.8.) wurden in Anwesenheit des Botschafters Jeremy
Issacharoff und seiner Ehefrau Laura Kam in der Leopoldstraße 54 in Dortmund in
Gedenken an Rosa (*1873) und Abraham Hacker (*1868) Stolpersteine verlegt.
Laura Kam ist die Urenkelin des Ehepaares. Ihre Mutter und Großmutter wurden in
Dortmund geboren.
Geleitet wurde die Zeremonie
von Oberbürgermeister Ullrich Sierau und Rabbiner Baruch Babaev von der
Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund und von Gregor Lange, Polizeipräsident
Dortmund, Manfred Kossack, Sonderbeauftragter für Vielfalt der Stadt Dortmund,
Dr. Stefan Mühlhofer, Direktor des Stadtarchivs Dortmund und Dr. Andreas
Eberhardt, CEO Alfred Landecker Foundation beigewohnt.
Seit 2012 koordinieren der
Jugendring Dortmund und das Stadtarchiv die Verlegung von Stolpersteinen in
Dortmund. Unterstützt werden die Aktivitäten durch die Jugendinitiative
Botschafter*innen der Erinnerung.
Mit den Stolpersteinen vor dem
Haus wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst dort wohnten. In
die Steine werden Name, Geburtsjahr, und Daten zum individuellen Schicksal
eingraviert. Inzwischen liegen Stolpersteine in über 500 Orten Deutschlands und
in vielen Ländern Europas. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name
vergessen ist“, sagt Gunter Demnig, der Kölner Künstler, der das Kunstprojekt
ins Leben rief und die Stolpersteine in Dortmund verlegt hat.
Rosa und Abraham Hacker waren
Einwanderer aus Galizien, die sich Anfang der 1900er Jahre in Dortmund
niederließen. Erfolgreich im Geschäftsleben, zogen sie eine Familie mit fünf
Kindern in Dortmund auf, bevor sie am 29. Oktober 1938 im Rahmen der "Polenaktion",
der ersten Zwangsvertreibung von im Deutschen Reich lebenden Juden mit
polnischer Staatsangehörigkeit, deportiert wurden.
Das ältere Ehepaar wurde
gewaltsam durch die Nazis aus Dortmund vertrieben und unter schwierigen
Bedingungen in Zbąszyń, Polen, nahe der deutschen Grenze interniert. Über
Umwege konnten sie in ihre Wohnung in der Leopoldstraße 54 zurückkehren und
fanden heraus, dass ihre Wohnung während der Reichspogromnacht im November 1938
von örtlichen Nazis und Stadtbewohnern geplündert worden war. Ihr
gesamtes persönliches Hab und Gut wurde gestohlen oder zerstört. Sie
waren ohne jegliche Bürgerrechte und ohne Einkommen. Es war ihnen nicht
gestattet, ohne Genehmigung Radios, Telefone oder die Straßen zu benutzen.
Rosa und Abraham Hacker wurden
anschließend verhaftet, in ein jüdisches Ghetto eingesperrt und gezwungen,
unter unmenschlichen Bedingungen in der Parsevalstraße 2/6 mit anderen
verbliebenen Juden in der Stadt zu leben. Rosa Hacker starb dort am 2. Dezember
1941 im Alter von 68 Jahren. Abraham Hacker wurde aus dem Ghetto
deportiert und am 19. April 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt
ermordet. Er war 76 Jahre alt.
Die Nachkommen des Ehepaares
Hacker und ihrer fünf Kinder leben heute vor allem in den USA, Israel und
Brasilien.
Botschafter Jeremy Issacharoff:
„Als Juden müssen wir uns
immer dafür einsetzen, das der Holocaust nie vergessen wird. Als Israelis
dürfen wir unsere Entschlossenheit, eine Wiederholung des Holocaust zu
verhindern, nie vergessen. Als Menschen sollten wir beides tun.“
Oberbürgermeister
Ullrich Sierau
"Die Stolpersteine sind
eine bedeutende und dauerhafte Form der Erinnerung an die entsetzlichen
Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Ihre Opfer bleiben so
nicht anonym. Die Stolpersteine sind gleichzeitig eine dauerhafte öffentliche
Mahnung, dass wir uns konsequent gegen alle rechtsextremistischen Strömungen
stellen. Als Stadtgesellschaft beziehen wir deshalb in Dortmund eindeutig und
entschlossen Stellung damit Dortmund eine vielfältige, tolerante und weltoffene
Stadt bleibt."
Laura Kam:
„Als Nachkommin deutscher
Juden, die aufgrund ihrer Religion unerträgliche Grausamkeiten erlebten, bin
ich zutiefst besorgt über die Zunahme antisemitischer Einstellungen und Vorfälle
hier in Deutschland und in weiten Teilen der Welt. Kinder werden nicht zum Hass
geboren, sie lernen ihn zu Hause und durch die Kultur, in der sie leben. Es ist
klar, dass in diesem Kampf um Anstand an allen Fronten noch viel Arbeit zu
leisten ist, und ich schätze jeden, der sich gegen Antisemitismus und alle
Formen des Hasses gegen ‚den anderen‘ einsetzt.“
(Botschaft des Staates Israel, 10.8.2020)