Steinmeier in Israel

Steinmeier in Israel

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    Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ist am Sonntag in Jerusalem mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zusammengetroffen.
     
    In einer Stellungnahme gegenüber der Presse erklärte Netanyahu:
     
    „Außenminister Steinmeier, seien Sie einmal mehr willkommen in Jerusalem. Es ist immer ein Vergnügen, Sie zu sehen und mit Ihnen zu sprechen. Sie sind ein Freund Israels. Bundeskanzlerin Merkel ist eine Freundin Israels, und Deutschland ist ein Freund Israels.
     
    Wir stehen vor zwei großen Aufgaben. Die eine ist die Sicherheit, und die andere der Frieden. Beide hängen zusammen.
     
    Die größte Bedrohung für unsere gegenseitige Sicherheit ist der Wunsch Irans, die Fähigkeit zu entwickeln, Atomwaffen herzustellen. Ich sage dies am Vorabend der Fortsetzung der Gespräche zwischen den P5+1-Staaten und Iran. […] Ich denke, Iran die Möglichkeit zu geben, Uran anzureichern, wäre ein kolossaler Fehler. Ich denke, das würde Sicherheit und Frieden in weite Ferne rücken lassen. Es würde es auch sehr schwer machen, zu einer diplomatischen Lösung zu kommen, weil Iran dann die Möglichkeit hätte, in wenigen Monaten oder sogar schneller eine Atombombe zu bauen, und dies wäre eine Bedrohung für Europa. Es wäre schlecht für Israel, schlecht für Europa und schlecht für den Frieden in der Welt.
     
    Unsere Regierungen haben sich beraten, wie wir es auch mit den anderen Mitgliedern der P5+1-Staaten getan haben, und ich glaube, dass die Alternative zu einem schlechten Abkommen nicht Krieg ist, sondern, die Sanktionen fortzusetzen, was dazu führen wird, dass Iran seine Kapazitäten zur Produktion von Atomwaffen und ganz sicher angereichertes Uran abbaut, das das Herzstück der Waffen ist. Des Weiteren muss ich Sie und unsere europäischen Freunde nicht daran erinnern, dass die interkontinentalen Raketen, die Iran entwickelt hat, nicht gegen Israel eingesetzt werden sollen. Sie sollen gegen Europa und die Vereinigten Staaten eingesetzt werden, und ihr einziger Zweck ist es, eine atomare Nutzlast zu konstruieren. Iran darf also nicht die Möglichkeit erringen, Uran für eine Bombe zu entwickeln oder anzureichern, eine Waffe herzustellen, um eine Bombe zu produzieren, oder das Mittel, um eine Bombe zu transportieren. Und dies ist meiner Meinung nach die wichtigste Sicherheitsherausforderung unserer Zeit.
     
    Es ist wichtig, den „Islamischen Staat“ (IS) zu besiegen, und wir unterstützen die Bemühungen unter der Führung von [US-]Präsident Obama, doch ich wiederhole noch einmal, dass es nicht zielführend wäre, den IS zu besiegen und Iran an der Schwelle zur Atommacht zu belassen.
     
    Die zweite Aufgabe, vor der wir stehen, ist es, Frieden zwischen Israel und unseren palästinensischen Nachbarn zu erreichen. Dies ist durch fortgesetzte Hetze aus der Palästinensischen Autonomiebehörde sehr erschwert worden. Wie Sie wissen, habe ich mich am vergangenen Donnerstag in Amman mit König Abdullah von Jordanien und [US-]Außenminister Kerry getroffen. Wir haben dazu aufgerufen, die Spannungen abzubauen. Wir haben dazu aufgerufen, die Hetze zu beenden, die zu Gewalt führt. Ich habe einmal mehr klargestellt, dass Israel der Beibehaltung des Status quo auf dem Tempelberg verpflichtet ist, und ich bin froh, dass dies auch öffentlich von meinen Gesprächspartnern so wiederholt wurde. Doch wurde weniger als 24 Stunden nach diesem Treffen in von der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrollierten Medien zu einem ‚Tag des Zorns‘ aufgerufen, was weitere Gewalt nach sich ziehen wird.
     
    Wir benötigen also ein Ende der Hetze. Sie kommt sowohl von den radikalislamischen Gruppen wie der Hamas, als leider auch von der Palästinensischen Autonomiebehörde. Vor diesem Hintergrund denke ich, dass die Rufe aus europäischen Ländern, europäischen Parlamenten, einseitig einen palästinensischen Staat anzuerkennen einen Rückschlag für den Frieden bedeuten, denn sie sagen den Palästinensern nicht, dass sie ihren Frieden mit einem Nationalstaat des jüdischen Volkes machen müssen. Sie geben nur den Palästinensern ihren Nationalstaat. Sie sagen der Palästinensischen Autonomiebehörde nicht, dass sie Kompromisse machen und die israelischen Sicherheitsbelange ernst nehmen muss. Sie belohnen die Palästinenser, ohne von ihnen überhaupt die Zugeständnisse zu fordern, die für einen echten Frieden von Nöten sind.
     
    Ich glaube, dass so ein Frieden nur möglich ist, wenn es auf allen Seiten Kompromisse gibt, und keine einseitigen Aktionen und unilateralen Vorteile, die der palästinensischen Seite gegeben werden, die faktisch weiterhin Hetze betreibt. Ich weiß, dass sowohl Ihr als auch unser Ziel das Erreichen eines genuinen und dauerhaften Friedens ist. Es gibt keinen anderen Frieden, der im Nahen Osten halten wird. Ein Frieden, der nicht verteidigt werden kann, wird nicht halten. Wir möchten etwas, das hält und etwas, das Israel, unseren palästinensischen Nachbarn und der Region Sicherheit geben wird. Und hierfür müssen wir sicherstellen, dass Iran nicht an der Schwelle zur Atommacht steht und die Palästinenser die Hetze für eine Auslöschung Israels beenden.
     
    Ich freue mich darauf, diese und viele andere Themen zu besprechen.“
     
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: „Danke schön, Herr Ministerpräsident für Ihre Einladung und für Ihre Zeit in diesen vielbeschäftigten Tagen.
     
    Als wir uns im Juli das letzte Mal hier in Jerusalem getroffen haben, waren wir uns einig, dass wir das nächste Jahr vorbereiten müssen, in dem wir 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel feiern. Hoffentlich können wir das tun, und die Vorbereitungen sind jetzt, Ende 2014, bereits fast abgeschlossen, doch ich hoffe, dass es im kommenden Jahr Zeit geben wird, denn die Zeiten sind einmal mehr sehr schwierig, und wir sind besorgt. Wir sind besorgt, wenn wir in den vergangenen zwei Wochen auf die Region schauen mit einigen neuen Anschlägen und Opfern, und in der vergangenen Woche war es unsere Sorge, dass der wirklich sehr komplizierte politische Konflikt religiöse Dimensionen annimmt. Daher denke ich es war dringend notwendig, sich in Amman zu treffen, und zu diesem Schritt möchte ich Ihnen gratulieren. Ich denke, dieses Treffen war wirklich nicht nur zur Unterstützung wichtig, sondern die Situation ist jetzt auch sehr viel ruhiger.
     
    Aus meiner Sicht ist es dringend notwendig und auch im israelischen Interesse, wenn die im Augenblick ins Stocken geratenen Waffenstillstandsverhandlungen in Kairo wieder aufgenommen werden können. Wir haben nach dem Ende des Gaza-Konflikts ziemlich übereinstimmend gesagt: Es wäre falsch, nur einfach in den Status Quo zurückzufallen. Es muss versucht werden, nach dem Gaza-Konflikt einen nachhaltigen Waffenstillstand zu sichern. Die Arbeiten daran sollten dringend wieder aufgenommen werden.
     
    Des Weiteren ist ein Waffenstillstand das, was die Region braucht, aber er ist langfristig nicht ausreichend. Wie Sie gesagt haben, besteht die Notwendigkeit der Sicherheit, und wir verstehen die Sicherheitsbedenken hier in Israel und die Perspektive für Frieden.
     
    Ich glaube, dass es keinen anderen Weg gibt, um einerseits in eine Situation zu kommen, dass die Bedürfnisse nach Sicherheit einerseits und andererseits die Entwicklung einer längerfristigen Friedensperspektive erreicht werden, als Verhandlungen. Dies ist das Signal, das ich in meinen Gesprächen in Ramallah gegeben habe, und dies ist das Signal und was ich auch hier sage.
     
    Einseitige Aktivitäten schaffen meiner Meinung nach nicht den Boden, die Atmosphäre, in der vielleicht ein anderer Ansatz, eine andere Initiative unserer amerikanischen Freunde erfolgreich sein könnte.
     
    Ich hoffe daher, dass wir fähig sein werden, diese Bedingungen zu schaffen. Was Iran betrifft, seien Sie sich, dass es kein schlechtes Abkommen geben wird. Es wird ein verantwortungsvolles Abkommen oder gar kein Abkommen geben […]. Wir sind noch nicht so weit. Wir sind bereit für die letzte [Verhandlungs-]Runde Ende dieses Monats in Wien, doch wissen Sie, auf der Arbeitsebene sind wir noch nicht so weit, daher versuchen wir wirklich intensiv, ein Abkommen zu erreichen, das sehr klar in diesem einen und wichtigen Thema ist: Dass Iran keinen Zugang zu Atomwaffen bekommt.
     
    Ich danke Ihnen.“
     

    Ebenfalls am Sonntag war Steinmeier auch von Staatspräsident Reuven Rivlin empfangen worden.
     
    Rivlin erklärte unter anderem: „Wir haben in den vergangenen Wochen schwierige Ereignisse erlebt. Israel befindet sich nicht im Krieg mit dem Islam, und wir haben keine solchen Absichten. Leider kämpfen wir gegen Fundamentalisten, und dies ist das wahre Problem.“
     
    Im weiteren Verlauf betonte der Staatspräsident, dass einzig Verhandlungen zu echten Fortschritten führen könnten. Der Bundesaußenminister stimmte ihm zu.
     
    Zuvor war Steinmeier auch von Außenminister Avigdor Lieberman empfangen worden.
     
    Dieser sagte unter anderem, er schätze den persönlichen Beitrag Steinmeiers für die Stärkung der Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. Er fügte hinzu, Israel schätze sehr den ausgewogenen und verantwortungsvollen Ansatz Deutschlands bezüglich des Konflikts in der Region, besonders hinsichtlich der Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern.
     
    (Amt des Ministerpräsidenten/Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland/Präsidialamt/Außenministerium des Staates Israel, 16.11.14)