Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen befindet sich zurzeit auf
Staatsbesuch in Israel.
Am Sonntag besuchte er u.a. die Klagemauer und das Österreichische Hospiz in Jerusalem.
Am Montag folgte das erste Treffen mit Staatspräsident Reuven Rivlin, während dessen über den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit von Österreich und Israel gesprochen wurde.
Anschließend besuchten beide Präsidenten die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem.
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz der beiden Staatsoberhäupter erklärte der Bundespräsident unter anderem:
„Es ist für mich und meine Frau – und für die gesamte österreichische Delegation – eine Ehre und Freude heute bei Ihnen in Israel zu Besuch sein zu dürfen.
Unsere beiden Länder, Österreich und Israel, verbindet eine besondere Geschichte. In der Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel wird mit Theodor Herzl ein großer Österreicher erwähnt.
Er ist Zitat der "chosé hamediná ha jehudít" – der "spirituelle Vater des jüdischen Staates" Zitat Ende.
Uns verbindet aber auch eine grausame Geschichte: Die Shoah - der Versuch der vollständigen Auslöschung des Europäischen Judentums. Dessen möchte ich heute in Yad Vashem gedenken.
Zehntausende jüdische Österreicherinnen und Österreicher wurden vom Naziregime ermordet - und noch viel mehr wurden vertrieben.
Viele Vertriebene fanden hier in Israel eine neue Heimat. Sie bauten das Land auf und verteidigten es in mehreren Kriegen.
Lassen Sie mich unmissverständlich sagen und wiederholen:
Österreich ist mitverantwortlich für die Shoa. Viele Österreichinnen und Österreicher waren unter den Täterinnen und Tätern.
Auch darum verbeugen wir uns in Demut vor den Opfern. Zu dieser Mitverantwortung hat sich Österreich erst spät, sehr spät bekannt. Das hat unser Verhältnis lange Zeit schwierig gemacht.
Ich möchte noch hinzufügen: Israel ist eine Festung von Demokratie und Freiheit hier im Nahen Osten.
Österreich ist von Freunden umgeben. Mich beeindruckt, dass Sie Ihre Demokratie in einer sehr schwierigen Umgebung errichtet und erhalten haben. Eine vielfältige, starke und lebendige Demokratie. Auch das verbindet uns.
Sehr geehrter Herr Präsident,
bei unserer Begegnung im Oktober letzten Jahres am Wiener Flughafen haben wir auch über Antisemitismus gesprochen. Der Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus ist mir persönlich immer ein starkes Anliegen. Wir, als Österreicherinnen und Österreicher, wissen: Der Antisemitismus der Nationalsozialisten ist nicht vom Himmel gefallen. Er war schon zuvor in der österreichischen Gesellschaft sehr stark präsent. Die Shoah war der grausame Höhepunkt. Es darf daher keine Toleranz gegenüber Antisemitismus geben.“
Zu vollständigen Rede
Am Dienstag traf der Bundespräsident mit Premierminister Benjamin
Netanjahu zusammen. Beide seien sich, so heißt es auf der Seite des
Bundespräsidialamts beim Wunsch nach Frieden und Sicherheit einig gewesen.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe gegenüber Israels Premier
Österreichs Mitverantwortung am Holocaust bekräftigt und für eine
Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und Palästinensern plädiert.
Bei dem Treffen wurde auch eine bilaterale Absichtserklärung für die
Fortsetzung der Zusammenarbeit in Wissenschaft, Kultur und Bildung
unterzeichnet und eine weitere Absichtserklärung zu zukünftiger Kooperation in
der Hilfe für Länder in der Dritten Welt.
Premierminister Netanyahu erklärte bei der Pressekonferenz:
„Dies ist Ihr erster offizieller Besuch in Israel, und wir heißen Sie
hier mit großer Freundschaft aufs Wärmste willkommen. Wir möchten Ihnen und
Bundeskanzler Kurz für die sehr entschiedene Erklärung und Position danken, die
Sie bezüglich der Wahrheit, der Geschichte, des Antisemitismus ergriffen haben.
Der Bundespräsident und der Bundeskanzler Österreichs haben, so glaube
ich, vorbildlich eine einfache Wahrheit ausgesprochen – dass Antisemitismus und
Antizionismus eins sind. […]
Wir haben viele Gemeinsamkeiten mit Österreich, weil wir beide kleine
Demokratien sind, die begierig darauf sind, die Zukunft zu vermessen. Natürlich
stehen wir auch vor großen Aufgaben, aber auch vor großen Möglichkeiten. Wir
beide geben einen sehr großen Teil unseres Bruttosozialprodukts für Forschung
und Entwicklung aus, und dies zeigt unseren Glauben an die Innovation.
Darüber werden wir heute sprechen: Innovation, Cybersicherheit, alle
Bereiche der Technologie, die wahre Wunder dabei vollbringen, unsere Welt zu
verwandeln. […]
Die größte Herausforderung für uns ist zweifellos die des Radikalismus
und Fanatismus, der danach trachtet, die Welt zurück ins Mittelalter zu
bringen. […]
(Bundespräsidialamt Österreich/Präsidialamt/Amt des Premierministers,
04./05.02.19)