Netanyahu vor der UN-Vollversammlung 2014

Netanyahu vor der UN-Vollversammlung

  •   "Es gibt einen neuen Nahen Osten. Er hält neue Gefahren bereit, aber auch noch Möglichkeiten."
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    PM Netanyahu addresses the UN General Assembly PM Netanyahu addresses the UN General Assembly copyright: GPO/Avi Oyahon
     
     
    Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat gestern vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Rede gehalten. In der Rede sagte er:
     
    „Herr Präsident, ich danke Ihnen,
     
    verehrte Delegierte,
     
    Ich bin aus Jerusalem hierhergekommen, um für mein Volk zu sprechen, das israelische Volk. Ich bin hierhergekommen, um über die Gefahren zu sprechen, denen wir gegenüberstehen und über die Möglichkeiten, die wir sehen. Ich bin hierhergekommen, um die schamlosen Lügen zu entlarven, die von diesem Podium aus über mein Land und die mutigen Soldaten, die es verteidigen, verbreitet wurden.
     
    Meine Damen und Herren,
     
    die Menschen in Israel beten für den Frieden. Doch unsere Hoffnungen und die Hoffnungen der Welt auf Frieden sind in Gefahr. Denn, wo immer wir auch hinschauen, ist der militante Islam auf dem Vormarsch.
     
    Es geht nicht um Militante. Es geht nicht um den Islam. Es geht um den militanten Islam.
     
    Typischerweise sind seine ersten Opfer andere Muslime, doch er lässt niemanden aus. Christen, Juden, Jesiden, Kurden, keine Überzeugung, keine Religion und keine ethnische Gruppierung verliert er aus den Augen. Und er breitet sich schnell überall auf der Welt aus. Sie kennen das berühmte amerikanische Sprichwort „Politik ist immer lokal“? Für die militanten Islamisten gilt, „Politik ist immer global“. Denn ihr Ziel ist es letztendlich, die Welt zu beherrschen.
     
    Das könnte manchem übertrieben erscheinen, da es so klein anfängt, genau wie Krebs, der nur einen bestimmten Teil des Körpers befallen hat. Doch wenn man nicht aufpasst, dann wächst der Krebs und metastasiert immer weiter. Um den Frieden und die Sicherheit in der Welt zu bewahren, müssten wir den Krebs entfernen, bevor es zu spät ist.
     
    In der vergangenen Woche haben viele der hier vertretenen Staaten [US-]Präsident Obama zu Recht dafür applaudiert, dass er den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) anführt. Doch nur wenige Wochen zuvor haben einige dieser Länder, dieselben Länder, die jetzt dafür sind, den IS zu bekämpfen, Israel dafür angegriffen, dass es die Hamas bekämpft. Sie haben offensichtlich nicht verstanden, dass die Hamas und der IS Äste des selben vergifteten Baumes sind.
     
    Der IS und die Hamas gehören einem fanatischen Glauben an, den sie weit über das von ihnen kontrollierte Gebiet hinaus zu verbreiten versuchen.
     
    Hören Sie, was der selbsternannte Kalif des IS, Abu Bakr al-Bagdadi sagt: „Es wird der Tag kommen, da der Muslim überall als Herr herumläuft. […] Die Muslime werden dafür sorgen, dass die Welt die Bedeutung von Terrorismus hört und versteht […] und werden das Idol der Demokratie zerstören.“
     
    Hören Sie nun Khaled Mashal, den Anführer der Hamas. Er hat eine ganz ähnliche Vision für die Zukunft: „Wir sagen dies zum Westen. […] Bei Allah, Ihr werdet besiegt werden. Morgen wird unsere Nation auf dem Thron der Welt sitzen.“
     
    Wie die Charta der Hamas deutlich macht, ist es das unmittelbare Ziel der Hamas, Israel zu zerstören. Doch die Hamas hat noch weitergehende Ziele. Sie wollen ebenfalls ein Kalifat. Die Hamas teilt die weltweiten Ambitionen ihrer militanten islamistischen Freunde.
     
    Daher haben ihre Unterstützer auf den Straßen Gazas sich so ausgelassen gefreut, als Tausende Amerikaner am 11. September ermordet wurden. Und daher haben ihrer Anführer die Vereinigten Staaten dafür verurteilt, dass sie Osama Bin Laden getötet haben, den sie als heiligen Krieger verehrt haben.
     
    Wenn es also um ihre letztendlichen Ziele geht, ist die Hamas der IS und der IS ist die Hamas.
     
    Und das, was sie gemeinsam haben, haben alle militanten Islamisten gemein: Boko Haram in Nigeria, Al-Shabab in Somalia, die Hisbollah im Libanon, die al-Nusra-Front in Syrien, die Mahdi-Armee im Irak, und die verschiedenen Untergruppen von Al-Kaida im Jemen, in Libyen, auf den Philippinen, in Indien und in anderen Staaten der Welt.
     
    Einige sind radikale Sunniten, andere radikale Schiiten. Einige wollen ein vormittelalterliches Kalifat aus dem siebten Jahrhundert wiederherstellen. Andere wollen die apokalyptische Rückkehr eines Imams aus dem neunten Jahrhundert herbeiführen. Sie operieren in verschiedenen Ländern, sie haben verschiedene Opfer im Blick, und sie töten einander sogar gegenseitig in ihrem Streben nach Überlegenheit.
     
    Doch sie alle teilen eine fanatische Ideologie. Sie alle trachten danach, expandierende Enklaven des militanten Islam zu schaffen, in denen es keine Freiheit und keine Toleranz gibt – wo Frauen als Vieh betrachtet, Christen dezimiert und Minderheiten unterjocht werden – manchmal vor die Wahl gestellt zu konvertieren oder zu sterben. In ihren Augen kann jeder ungläubig sein, auch andere Muslime.
     
    Meine Damen und Herren,
     
    die Bestrebungen des militanten Islam, die Welt zu beherrschen, erscheinen verrückt. Aber genauso war es auch mit den Bestrebungen einer anderen fanatischen Ideologie, die vor acht Jahrzehnten an die Macht gekommen ist.
     
    Die Nazis haben an eine Herrenrasse geglaubt. Der militante Islam glaubt an eine Herrenreligion. Sie können sich nur noch nicht einigen, wer von ihnen der Herr der Herrenreligion sein soll. Darüber sind sie sich uneins. Daher stehen wir vor der Frage, ob der militante Islam die Macht haben wird, seine schrankenlosen Ambitionen zu verwirklichen.
     
    Es gibt einen Ort, wo dies bald geschehen könnte: Die Islamische Republik Iran.
     
    Seit 35 Jahren hat Iran unermüdlich die globale Mission verfolgt, die sein Gründer, Ayatollah Khomeini, mit diesen Worten ausgerufen hat: „Wir werden unsere Revolution in die ganze Welt tragen. Bis der Ruf ‚Es gibt keinen Gott außer Allah‘ in der ganzen Welt widerhallt.“
     
    Und seitdem haben seine brutalen Vollstrecker, die iranischen Revolutionsgarden, genau das getan.
     
    Hören sie, was ihr gegenwärtiger Kommandant, General Muhammad Ali Ja’afari, sagt, der dieses Ziel klar formuliert: „Unser Imam hat die islamische Revolution nicht auf dieses Land beschränkt. […] Unsere Pflicht ist es, den Weg für eine islamische Weltregierung zu bereiten. […]“
     
    Der iranische Präsident Rohani stand hier vergangene Woche und vergoss Krokodilstränen darüber, was er als die „Globalisierung des Terrorismus“ bezeichnete.
     
    Vielleicht sollte er uns mit diesen falschen Tränen verschonen und stattdessen ein Wort mit den Kommandeuren der Iranischen Revolutionsgarden wechseln. Er könnte sie bitten, die weltweite iranische Terrorkampagne abzublasen, die allein seit 2011 Anschläge in zwei Dutzend Ländern auf fünf Kontinenten umfasst hat.
     
    Zu sagen, der Iran übe keinen Terror aus, ist, als sage man, [der berühmte US-amerikanische Baseball-Spieler] Derek Jeter habe nie als Shortstop für die New York Yankees gespielt. Dieses Bejammern der Ausbreitung des Terrorismus durch den iranischen Präsidenten ist eines der besten Beispiele für Doppelzüngigkeit in der Geschichte.
     
    Nun gibt es ja immer noch einige, die behaupten, dass die weltweite Terrorkampagne Irans, seine Unterwanderung von Ländern im gesamten Nahen Osten und weit darüber hinaus, dass dies das Werk von Extremisten sei. Sie sagen, die Dinge änderten sich. Sie erinnern an die Wahlen in Iran im vergangenen Jahr. Sie erklären, der iranische Präsident und der Außenminister, die nun so sanft sprechen, nicht nur den Ton der iranischen Außenpolitik verändert hätten, sondern auch ihren Inhalt. Sie glauben, Rohani und Zarif wollten sich wirklich mit dem Westen versöhnen, und dass sie die Mission einer weltweiten islamischen Revolution aufgeben hätten.
     
    Ist das wahr?
     
    Schauen wir uns doch an, was Außenminister Zarif erst vor wenigen Jahren in seinem Buch geschrieben hat: „Wir haben ein fundamentales Problem mit dem Westen und besonders mit Amerika. Daher sind wir Erben einer weltweiten Mission, die mit unserer Staatsraison eng verbunden ist […]“
     
    Eine weltweite Mission, die mit unserer Staatsraison verbunden ist.
     
    Und dann stellt Zarif eine Frage, die wie ich denke, sehr interessant ist. Er sagt: „Wie kommt es, dass Malaysia, [als stark muslimisch geprägtes Land] nicht ähnliche Probleme hat?“ Und er antwortet: „Weil Malaysia nicht versucht, die Weltordnung zu verändern.“
     
    Da haben Sie also Ihren gemäßigten Außenminister.
     
    Lassen Sie sich also von Irans manipulativer Charmeoffensive nicht täuschen. Sie dient nur einem Zweck: Die Sanktionen außer Kraft zu setzen und so das Hindernis auf Irans Weg zur Bombe zu beseitigen. Die Islamische Republik versucht nun, sich zu einem Abkommen durchzuschwindeln, bei dem die noch immer geltenden Sanktionen aufgehoben werden, und es mit der Kapazität Tausender Zentrifugen angereicherten Urans sich selbst zu überlassen.
     
    Dies würde die Zementierung Irans als Atommacht bedeuten. In der Zukunft, wenn immer es will, würde Iran, der gefährlichste Staat in der gefährlichsten Region der Welt, die gefährlichste Waffe der Welt besitzen. Wenn wir dies zuließen, wäre es für uns alle die größtmögliche Bedrohung.
     
    Militante Islamisten mit Kalaschnikows auf Pickup-Trucks zu bekämpfen, ist das eine. Militante Islamisten mit Massenvernichtungswaffen zu bekämpfen, ist eine ganz andere Sache.
     
    Ich erinnere mich, dass im vergangene Jahr alle hier zu Recht zur besorgt waren wegen der chemischen Waffen in Syrien, einschließlich der Möglichkeit, dass sie in die Hände von Terroristen fallen könnten. Dies ist nicht geschehen. Und Präsident Obama verdient großes Lob dafür, dass er die diplomatischen Bemühungen angeführt hat, das gesamte syrische Waffenarsenal zu zerstören.
     
    Stellen Sie sich nun vor, wie viel gefährlicher der IS ist, der IS wäre, wenn er im Besitz chemischer Waffen wäre. Stellen Sie sich nun vor, um wie viel gefährlicher der islamische Staat Iran wäre, wenn er Atomwaffen besäße.
     
    Meine Damen und Herren,
     
    Würden Sie den IS Uran anreichern lassen? Würden Sie den IS ein Wasserkraftwerk bauen lassen? Würden Sie den IS interkontinentale ballistische Raketen entwickeln lassen? Natürlich nicht. Dann dürfen Sie auch den islamischen Staat Iran dies nicht tun lassen.
     
    Denn dies wird passieren: Wenn Iran ersteinmal Atombomben herstellt, wird es plötzlich vorbei sein mit dem Charme und dem Lächeln. Sie werden einfach verschwinden. Dann werden die Ayatollahs ihr wahres Gesicht zeigen und ihren aggressiven Fanatismus auf die ganze Welt loslassen.
     
    Es gibt nur eine verantwortungsvolle Art, mit dieser Bedrohung umzugehen: Irans nukleare militärische Kapazitäten müssen voll und ganz abgerüstet werden.
     
    Täuschen Sie sich nicht: Der IS muss besiegt werden. Doch den IS zu besiegen und Iran als Atommacht zurückzulassen, würde bedeuten, die Schlacht zu gewinnen und den Krieg zu verlieren.
     
    Meine Damen und Herren,
     
    Der Kampf gegen den militanten Islam ist unteilbar. Wenn der militante Islam irgendwo siegt, ermutigt ihn das überall. Wenn er irgendwo einen Schlag ins Gesicht bekommt, ist dies ein Rückschlag überall.
     
    Das ist der Grund dafür, dass Israels Kampf gegen die Hamas nicht nur unser Kampf ist. Es ist Ihr Kampf. Israel kämpft heute gegen den Fanatismus, gegen den zu kämpfen Ihre Länder morgen gezwungen sein könnten.
     
    In diesem Sommer hat die Hamas 50 Tage lang Tausende Raketen auf Israel abgefeuert, viele von ihnen kamen aus Iran. Ich möchte gerne, dass Sie darüber nachdenken, was Ihre Länder tun würden, wenn Tausende Raketen auf Ihre Städte abgefeuert würden. Stellen Sie sich Millionen Ihrer Bürger vor, die höchstens Sekunden haben, um in Luftschutzkeller zu laufen, Tag für Tag. Sie würden es nicht zulassen, dass Terroristen ungestraft Raketen auf Ihre Städte schießen. Sie würden auch Terroristen nicht Dutzende Terrortunnel unter ihren Grenzen hindurch graben lassen, um Ihre Städte zu infiltrieren, um Ihre Bürger zu ermorden und zu entführen.
     
    Israel hat sich lediglich gegen Raketenangriffe und Terrortunnel verteidigt. Doch Israel stand auch einer anderen Herausforderung gegenüber. Wir waren auch mit einem Propagandakrieg konfrontiert. Denn die Hamas hat, um das Mitgefühl der Welt für sich zu gewinnen, zynisch palästinensische Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht. Sie hat Schulen und nicht nur Schulen, UN-Schulen, Wohnhäuser, Moscheen und sogar Krankenhäuser dazu benutzt, Raketen dort zu deponieren und von dort auf Israel abzufeuern.
     
    Und Israel hat die Raketenschützen und ihre Tunnel mit chirurgischer Präzision angegriffen. Tragischerweise aber unbeabsichtigt wurden auch palästinensische Zivilsten getötet. Daraus resultierten herzerweichende Bilder, die nun wiederum zur verlogenen Behauptung führten, Israel habe absichtlich Zivilisten angegriffen.
     
    Das haben wir nicht. Wir bedauern jedes einzelne zivile Opfer zutiefst. Und die Wahrheit ist: Israel hat alles getan, um palästinensische zivile Opfer zu vermeiden. Die Hamas hat alles getan, um israelische zivile Opfer und palästinensische zivile Opfer herbeizuführen. Israel hat Flugblätter abgeworfen, Telefonanrufe gestartet, SMS verschickt, im palästinensischen Fernsehen auf Arabisch gewarnt – all das, um den palästinensischen Zivilisten die Möglichkeit zu geben, die Gebiete unter Beschuss zu verlassen.
     
    Kein anderes Land und keine andere Armee in der Geschichte sind weiter gegangen, um Opfer unter der Zivilbevölkerung des Feindes zu vermeiden. Umso bemerkenswerter war diese Sorge um palästinensisches Leben, als die israelischen Zivilisten Tag für Tag, Nacht für Nacht, von Raketen bombardiert wurden. Während ihre Familien von der Hamas mit Raketen angegriffen wurden, hat die israelische Bürgerarmee – die mutigen Soldaten der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, unsere jungen Männer und Frauen – sie haben die höchsten moralischen Werte einer Armee weltweit hochgehalten. Die israelischen Soldaten verdienen keine Verurteilung sondern Bewunderung. Bewunderung durch anständige Menschen überall.
     
    Und die Hamas? Die Hamas hat ihre Raketenarsenale in Wohngebieten positioniert und den Palästinensern gesagt, sie sollen die israelischen Warnungen ignorieren. Und für den Fall, dass jemand die Botschaft noch nicht verstanden hatte, haben sie im Gazastreifen palästinensische Zivilisten exekutiert, die es gewagt hatten, dagegen zu protestieren.
     
    Was nicht weniger abstoßend ist: Die Hamas hat ihre Raketen absichtlich dort stationiert, wo palästinensische Kinder leben und spielen. Lassen Sie mich Ihnen ein Foto zeigen. Es wurde während des  jüngsten Konflikts von einem Team von France 24 aufgenommen. Es zeigt zwei Hamas-Raketenabschussrampen, die dazu genutzt wurden, uns anzugreifen. Sie sehen, wie drei Kinder daneben spielen. Die Hamas hat absichtlich ihre Raketen in Hunderten solcher Wohngebiete aufgestellt. Hunderte von ihnen.
     
    Meine Damen und Herren, dies ist ein Kriegsverbrechen. Und ich sage zu [Palästinenser-] Präsident Abbas, dies sind die Kriegsverbrechen, die Ihre Partner von der Hamas in der nationalen Einheitsregierung begangen haben, der Sie vorstehen, und für die Sie verantwortlich sind. Und dies sind die wahren Kriegsverbrechen, die Sie hätten untersuchen sollen und gegen die Sie von diesem Podium in der vergangenen Woche etwas hätten sagen sollen.
     
    Meine Damen und Herren,
     
    Während israelische Kinder in Luftschutzkeller kauerten und das israelische Raketenabwehrsystem Iron Dome die Raketen der Hamas vom Himmel holte, hätte die tiefe moralische Differenz zwischen Israel und der Hamas nicht deutlicher sein können:
     
    Israel hat seine Raketen dazu genutzt, um seine Kinder zu schützen. Die Hamas hat ihre Kinder dazu genutzt, um seine Raketen zu schützen.
     
    Indem er eine Untersuchung gegen Israel und nicht die Hamas bezüglich Kriegsverbrechen durchführt, hat der UN-Menschenrechtsrat seine edle Mission verraten, die Unschuldigen zu schützen. Tatsächlich kehrt er die Gesetze des Krieges um. Israel, das bisher ungekannte Schritte unternommen hat, um die Zahl ziviler Opfer so gering wie möglich zu halten, Israel wird nun verurteilt. Die Hamas, die sowohl Zivilisten angegriffen, als auch sich hinter Zivilisten versteckt hat – ein doppeltes Kriegsverbrechen also – die Hamas kommt einfach so davon.
     
    Der Menschenrechtsrat schickt also den Terroristen überall auf der Welt eine klare Botschaft: Missbrauchen Sie Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Tun Sie das immer und immer wieder. Und wissen Sie warum? Weil es traurigerweise funktioniert.
     
    Indem der Menschrechtsrat menschliche Schutzschilde international legitimiert hat, ist er zu einem Terroristenrechtsrat geworden, und das wird Konsequenzen haben. Wahrscheinlich hat es das bereits bezüglich der menschlichen Schutzschilde.
     
    Meine Damen und Herren,
     
    Wir leben in einer Welt, die von Tyrannei und Terror durchtränkt ist, wo Homosexuelle von Kränen in Teheran baumeln, politische Gefangene im Gazastreifen exekutiert werden, junge Mädchen in Nigeria massenhaft entführt werden und Hunderttausende in Syrien, Libyen und dem Irak abgeschlachtet werden. Doch beinahe die Hälfte aller Resolutionen des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, die sich mit einem bestimmten Land beschäftigen, ist gegen Israel gerichtet, die einzige echte Demokratie im Nahen Osten. Israel, wo Themen in einem lauten Parlament offen debattiert werden, wo Menschenrechte durch unabhängige Gerichte geschützt werden, und wo Frauen, Homosexuelle und Minderheiten in einer freien Gesellschaft leben.
     
    Die ungleiche Behandlung Israels durch den UN-Menschrechtsrat (das ist eigentlich ein Widerspruch in sich, aber ich spreche ihn aus), ist nur eine von vielen Manifestationen der Rückkehr eines der ältesten Vorurteile der Welt. Wir hören heute in Europa, wie der Mob danach ruft, Juden zu vergasen. Wir hören wie führende Politiker Israel mit den Nazis vergleichen. Dies ist nicht das Ergebnis der israelischen Politik. Es ist ein Ergebnis kranker Hirne. Und die Krankheit hat einen Namen. Sie heißt Antisemitismus.
     
    Er breitet sich nun in der guten Gesellschaft aus, wo er sich als legitime Kritik an Israel tarnt. Jahrhundertelang wurde das jüdische Volk als Ritualmörder und Christusmörder dämonisiert. Heute wird der jüdische Staat als Apartheid-Staat und Völkermörder dämonisiert.
     
    Völkermord? In welchem moralischen Universum schließt Völkermord ein, dass man die Bevölkerung des Feindes aufruft, Angriffen aus dem Weg zu gehen? Oder sicherzustellen, dass sie täglich Tonnen humanitärer Hilfe erhält, auch wenn Tausende Raketen auf uns abgefeuert werden? Oder ein Feldlazarett aufzustellen, wo die Verwundeten versorgt werden?
     
    Ich nehme an, es ist dasselbe moralische Universum, in dem ein Mann, der eine Dissertation voller Lügen über den Holocaust geschrieben hat, und auf einem Palästina ohne Juden, judenrein, besteht, auf diesem Podium stehen und Israel schamlos des Genozids und der ethnischen Säuberungen anklagen kann.
     
    Früher wurden unglaubliche Lügen gegen die Juden als Zeugnis für die Vernichtung unseres Volkes herangezogen. Nie wieder! Heute haben wir, das jüdische Volk, die Kraft, uns selbst zu verteidigen. Wir werden uns selbst gegen unsere Feinde auf dem Schlachtfeld verteidigen. Wir werden ihre Lügen gegen uns im Gerichtshof der öffentlichen Meinung bloßstellen. Israel wird weiterhin stolz und aufrecht stehen.
     
    Meine Damen und Herren,
     
    Trotz der riesigen Herausforderungen, vor denen Israel steht, glaube ich, dass wir eine historische Gelegenheit haben. Nach Jahrzehnten, in denen sie Israel als ihren Feind gesehen haben, erkennen führende Staaten in der arabischen Welt nun mehr und mehr an, dass wir gemeinsam denselben Gefahren gegenüberstehen: vor allem sin dies ein atomar bewaffneter Iran und militante islamistische Bewegungen, die in der sunnitischen Welt an Boden gewinnen.
     
    Unsere Aufgabe ist es nun, diese gemeinsamen Interessen in eine produktive Partnerschaft umzuwandeln. Eine, die einen sichereren, friedlicheren und blühenden Nahen Osten aufbauen könnte. Gemeinsam können wir die Sicherheit in der Region stärken. Wir können Projekte auf den Gebieten Wasser, Landwirtschaft, Personenbeförderung, Gesundheit, Energie und so vielen mehr gemeinsam durchführen.
     
    Ich glaube, eine solche Partnerschaft könnte auch helfen, Frieden zwischen Israel und den Palästinensern zu schaffen. Viele haben schon lange gesagt, dass ein israelisch-palästinensischer Frieden dabei helfen könnte, eine weitere Annäherung zwischen Israel und der arabischen Welt zu schaffen. Doch heute denke ich, es könnte auch andersherum funktionieren: Eine Annäherung zwischen Israel und der arabischen Welt könnte helfen, einen israelisch-palästinensischen Frieden zu schaffen.
     
    Und um dieses Ziel zu erreichen, dürfen wir nicht nur auf Jerusalem und Ramallah schauen, sondern auch nach Kairo, Amman, Abu Dhabi, Riad und weitere Orte. Ich glaube, dass Frieden unter aktiver Beteiligung arabischer Länder erreicht werden kann, jenen, die bereit sind, politische, materielle und sonstige unerlässliche Unterstützung zu leisten.
     
    Ich bin bereit, einen historischen Kompromiss zu schließen, nicht, weil Israel ein fremdes Land besetzt hielte. Das Volk Israel ist kein Besatzer im Land Israel. Geschichte, Archäologie und gesunder Menschenverstand machen allen deutlich, dass wir mit diesem Land seit mehr als 3.000 Jahren aufs einzigartigste verbunden sind.
     
    Ich möchte Frieden, weil ich für mein Volk eine bessere Zukunft möchte. Doch es muss ein echter Frieden sein, einer, der in gegenseitiger Anerkennung wurzelt und dauerhaften Vereinbarungen der Gesellschaft, felsenfesten Sicherheitsabkommen. Denn der israelische Rückzug aus dem Libanon und dem Gazastreifen hat zwei militante islamische Enklaven an unseren Grenzen geschaffen, von denen aus Zehntausende Raketen auf Israel geschossen wurden.
     
    Diese ernüchternde Erfahrung haben die Sorgen Israels seine Sicherheit und zukünftige potentielle territoriale Zugeständnisse betreffend verstärkt. Diese Sicherheitsbedenken sind heute größer als zuvor.
     
    Sehen Sie sich nur um. Der Nahe Osten ist ein Chaos. Staaten scheitern. Militante Islamisten füllen die entstandenen Lücken. Israel kann nicht akzeptieren, dass Gebiete, aus denen es sich zurückzieht, einmal mehr von militanten Islamisten übernommen werden, wie es im Gazastreifen und im Libanon geschehen ist. Dies würde dazu führen, dass Gruppen wie der IS sich in Mörser-Reichweite – einige wenige Meilen – von 80% unserer Bevölkerung befänden.
     
    Denken Sie einmal darüber nach. Die Entfernung zwischen der Waffenstillstandlinie von vor 1967 und den Vororten von Tel Aviv ist so groß wie die Entfernung zwischen dem UN-Gebäude und dem Time Square. Israel ist ein sehr kleines Land. Daher werde ich bei jedem Friedensabkommen, das offensichtlich auch territoriale Kompromisse einschließen wird, darauf bestehen, dass Israel sich selbst gegen jede Bedrohung verteidigen können wird.
     
    Doch trotz all dem, was bereits geschehen ist, nehmen einige Israels Sicherheitsbedenken immer noch nicht ernst. Aber ich tue das, und werde es auch immer tun. Denn als Ministerpräsident Israels bin ich mit der unglaublichen Verantwortung betraut, die Zukunft des jüdischen Volkes und des jüdischen Staates sicherzustellen. In Israel haben wir schon oft das Unmögliche möglich gemacht. Wir haben ein brachliegendes Land zum Blühen gebracht. Und mit nur sehr wenigen Ressourcen haben wir den fruchtbaren Verstand unserer Menschen genutzt, um Israel in ein weltweites Zentrum der Technologie und Innovation zu verwandeln.
     
    Frieden würde es Israel natürlich ermöglichen, sein ganzes Potential zu verwirklichen und eine verheißungsvolle Zukunft nicht nur für unser eigenes Volk, nicht nur für das palästinensische Volk, sondern für viele, viele andere in der Region zu ermöglichen. Doch die alte Vorlage für den Frieden muss aktualisiert werden. Sie muss die neuen Realitäten, neuen Rollen und Verantwortlichkeiten unserer arabischen Nachbarn mitbedenken.
     
    Meine Damen und Herren,
     
    Es gibt einen neuen Nahen Osten. Er hält neue Gefahren bereit, aber auch noch Möglichkeiten. Israel ist bereit, mit arabischen Partnern und der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um diesen Gefahren entgegenzustehen und diese Möglichkeiten auszuloten. Gemeinsam müssen wir die weltweite Bedrohung durch den militanten Islam, die Dringlichkeit eines Abbaus der iranischen Kapazitäten für den Bau von Atomwaffen und die unersetzliche Rolle der arabischen Staaten anerkennen, Frieden mit den Palästinensern zu schaffen.
     
    All dies mag Ihnen scheinen wie Binsenweisheiten, doch es ist die Wahrheit. Und die Wahrheit muss immer ausgesprochen werden, besonders hier, in den Vereinten Nationen.
     
    Jesaja, unser großer Friedensprophet hat uns vor beinahe 3.000 Jahren in Jerusalem gelehrt, gegenüber der Macht die Wahrheit zu sagen.
     
     
     
    Um Zions willen schweig ich nicht
    Und um Jerusalem rast‘ ich nimmer
    Bis aufgeht wie das Licht sein Recht
    Sein Heil wie lohe Fackel.*
     
    Meine Damen und Herren,
     
    Lassen Sie uns eine Fackel der Wahrheit und Gerechtigkeit zum Schutz unserer gemeinsamen Zukunft entzünden.
     
    Ich danke Ihnen.“
     
    (Außenministerium des Staates Israel, 29.09.14)
     
     
    *Jesaja 62,1 Bibel-Übersetzung von Naftali Herz Tur-Sinai