Mathias Döpfner erhält Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit

Mathias Döpfner erhält Janusz-Korczak-Preis

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    Janusz-Korczak-Preisverleihung Janusz-Korczak-Preisverleihung copyright: © Botschaft
     
     
    ​Der Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit der Europäischen Janusz-Korczak-Akademie wurde gestern (7.11.) in Berlin an Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE, für seinen Einsatz gegen Antisemitismus und das Engagement für Menschenrechte verliehen.

    Der Preis wurde im Jahr 2017 gestiftet und wird alle zwei Jahre verliehen. Er ist nach Janusz Korczak benannt, der Pädagoge und Leiter des jüdischen Waisenhauses von Warschau war und der sich während des Holocausts freiwillig ins NS-Vernichtungslager Treblinka deportieren ließ, um seine rund 200 Waisenkinder, die ihm anvertraut waren, auf ihrem Weg in den Tod nicht alleine zu lassen.

    Botschafter Jeremy Issacharoff hatte die Ehre, die Laudatio zu sprechen. Darin betonte er sie Bedeutung der Erinnerung an den Holocaust und den wachsenden Antisemitismus in Deutschland und Europa: „Antisemitismus endete in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg nicht – er fand andere Ausdrucksmöglichkeiten. Klassischer Antisemitismus ist in andere Formen verkleidet und richtet sich auch gegen Israel auf der internationalen Arena. Nicht jegliche Kritik an Israel ist antisemitisch, aber alle Kritik, die sich nur auf Israel allein konzentriert und das Existenzrecht Israels infrage stellt, kann kein Teil einer Konversation sein, die als Brücke und Vermittlung im Nahen Osten konzipiert wurde [...] Mathias Döpfner spricht sich kontinuierlich gegen Antisemitismus und Fremdenhass aus. Als Meinungsbildner hat er die Öffentlichkeit aufmerksam gemacht auf die Wichtigkeit der Erinnerung an die Shoah und die Lehren, die jeder von uns und auch die jüngeren Generationen in der heutigen Zeit internalisieren sollte. Wir können die Geschichte nicht ändern, aber die Lehren aus der Geschichte können uns verändern.“

    In seiner Dankesrede betonte Mathias Döpfner, dass es eine „Herausforderung und Aufgabe“ sei, ein „Mensch im jiddischen Sinne zu sein, also einer, der mehr ist als ein in die Welt Geworfener […], einer, der die Herzensbildung noch über die Bildung stellt, einer, der ein wahrer Menschenfreund ist und der im entscheidenden Moment Mensch ist und nicht Maschine, und der vor allem eines nie ist: Unmensch“.

    „Ich wünschte, wir hätten gelernt. Ich wünschte, ich könnte sagen, die Menschlichkeit habe gesiegt. Es tut mir leid, ich kann es nicht. Antisemitismus ist nicht überwunden, im Gegenteil. Eine Studie des Jüdischen Weltkongresses schockierte Ende Oktober mit folgenden Zahlen: Jeder vierte Deutsche hegt antisemitische Gedanken, fast jeder zweite Befragte, 41 Prozent, meinte, die Juden redeten zu viel über den Holocaust. 28 Prozent sagen, Juden hätten zu viel Macht in der Wirtschaft, 26 Prozent zu viel Einfluss auf die Weltpolitik. Wir leben in einer Stadt, in der antisemitische Rapper eingeladen werden, vor dem Brandenburger Tor ihre Songs zum Besten zu geben, in denen die Bombardierung von Tel Aviv gefeiert wird. Wir leben in einem Land, in dem Richter urteilen, dass es Kuwait Airways in Frankfurt nicht zuzumuten ist, Juden zu transportieren. Und wir leben in einer Welt, in der die UN Deutschland rügt, weil Union, SPD, FDP und Grüne die Boykottextremisten von der Bewegung BDS als das benannt haben, was sie sind: Antisemiten.

    Der Bundestagsbeschluss sieht vor, dass die BDS-Bewegung nicht aus öffentlichen Mitteln gefördert werden soll. Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte schrieb unserem Außenminister daraufhin vor ein paar Wochen, dass dadurch unverhältnismäßig in das Recht auf politische Meinungsäußerung eingegriffen werde.

    Ich finde es bemerkenswert, dass sich in Deutschland noch kein Regierungsvertreter klar gegenüber dieser Rüge positioniert hat. Schämt sich unsere Regierung für die parteiübergreifende Positionierung unseres Bundestages gegen Antisemitismus? Nicht einmal unser UN-Botschafter hat bisher öffentlich auf die Rüge reagiert. Keine Distanzierung. Kein Protest. Findet er die Rüge der UN etwa richtig?

    44 Prozent der Juden in Deutschland denken darüber nach, das Land zu verlassen. Kein Wunder. Das ist die größte Schande, die ich mir in unserem Land 2019 vorstellen kann.“

    Döpfner beendet seine Rede mit der Aufforderung Mut zu zeigen, menschlich zu sein und sich Antisemitismus entgegenzustellen. „Der Einsatz gegen Antisemitismus ist ein Einsatz für die Menschenwürde. Es ist daher ein Kampf für alle Bürger unseres Landes, für unsere Gesellschaft und unsere Verfassung für uns selbst. Er ist im tieferen Sinne des Wortes patriotisch, und er ist ein Freiheitskampf, denn nur wo Würde ist, kann Freiheit sein.“

     

    Die vollständige Rede von Mathias Döpfner kann hier eingesehen werden.

     

    (Botschaft des Staates Israel, 8.11.19 /Welt, 7.11.19)