Überblick·
Parallel zur Eskalation nach dem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen, laufen
weiterhin die Vorbereitungen für den "Marsch der Rückkehr", der am
Samstag, 30. März 2019, stattfinden wird. Dieses Wochenende markiert den Beginn
der "Märsche der Rückkehr" vor einem Jahr und den „Tag des Bodens“,
der mit den israelischen Arabern verbunden ist. Geplant ist eine Reihe von Aktionen
an den üblichen fünf Orten, den fünf "Lagern der Rückkehr". Die Aktionen
werden von einem Generalstreik begleitet und die Schulen werden geschlossen, um
die Teilnehmerzahl zu erhöhen. Die Organisatoren versuchen, auch Palästinenser
in Judäa und Samaria (1) sowie die
israelischen Araber und Palästinenser in den Flüchtlingslagern zu überzeugen, sich
an den Aktionen zu beteiligen. Es ist unklar, ob und inwieweit auf die Aufforderungen
von Terrororganisationen im Gazastreifen reagiert wird.
(1) Der hochrangige Vertreter des Palästinensischen
Islamischen Dschihad (PIJ) Ahmed al-Mudallal forderte die Palästinenser im
Westjordanland auf, am 30. März 2019 die Konfrontation mit IDF-Soldaten zu suchen
und die Straßen, die zu den "Siedlungen" führen, zu blockieren
(al-Aqsa TV, 24. März 2019).
Berichterstattung über die
"Märsche der Rückkehr" in den palästinensischen Medien:
·
Anzahl der Teilnehmer: Die Hamas und die
Organisatoren des Marsches versuchen einen Massenansturm anlässlich des
Jahrestages des Beginns der Märsche zu organisieren, der die Unterstützung der
Bevölkerung für die "Märsche der Rückkehr" zeigen soll. Die bisher
größte Teilnehmerzahl verzeichneten der erste Marsch vor einem Jahr und der
Marsch am 14. Mai 2018 mit jeweils rund 40.000 Teilnehmern. Die Hamas und die
Organisatoren bemühen sich offenbar um eine deutlich höhere Teilnehmerzahl (möglicherweise
100.000 oder mehr). Einer der Organisatoren des Marsches sagte, dass
Vorbereitungen für Hunderttausende von Teilnehmern getroffen würden.
·
Anwendung von Gewalt während der Märsche: Die Organisatoren des Marsches erklärten, wie schon vor früheren
Märschen, dass der Marsch friedlich verlaufen wird und dass gewaltfreie
Methoden angewandt werden. Trotz dieser Aussage ist zu erwarten, dass es vor
Ort gewalttätige Aktionen in der Nähe des Grenzzauns geben wird, wie zum
Beispiel: Zusammenstöße mit IDF-Soldaten, das Werfen von Handgranaten und improvisierten
Sprengvorrichtungen, das Starten von Brandballons, das Verbrennen von Reifen, Vandalismus
am Grenzzaun und an den grenznahen Anlagen sowie Versuche, auf israelisches Staatsgebiet
einzudringen.
·
Bedrohungen für Israel: Anführer der Hamas
und des Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) bedrohten Israel und
warnten davor, dass "die Gewehre des Widerstands" die
Marschteilnehmer weiterhin verteidigen werden. Sie sagten, wenn Israel es wagen
würde, "das Blut der Palästinenser zu vergießen", gäbe es eine harte
Antwort aus dem gemeinsamen Hauptquartier der Organisationen. Mögliche gewalttätige
Angriffe und die damit verbundenen Warnungen schaffen das Potenzial für eine
unkontrollierte Verschlechterung der Situation vor Ort, auch wenn die Hamas und
andere Organisatoren kein Interesse daran haben.
·
Medizinische, logistische und mediale Vorbereitungen: Das Gesundheitsministerium im Gazastreifen
bereitet sich auf die Aufnahme vieler verwundeter Palästinenser vor. Das
Ministerium hat seine Alarmstufe erhöht und die Zahl seiner medizinischen Teams
vergrößert und mit ausländischen medizinischen Teams erweitert. Es wurde auch
beschlossen, Zelte bei einer Reihe von Krankenhäusern aufzustellen, um die medizinischen
Versorgungsmöglichkeiten zu verbessern. Währenddessen werden in fünf "Lagern
der Rückkehr" logistische Vorbereitungen für eine große Anzahl von Teilnehmern
getroffen. Die Vorbereitungen umfassen die Bereitstellung von Nahrungsmitteln
und Wasser sowie eine intensive Medienberichterstattung über die Aktionen
(Radio, Fernsehen, eine Kampagne in den sozialen Netzwerken).
·
Zeitlicher Ablauf: Die Teilnehmer versammeln
sich ausschließlich in den üblichen fünf "Lagern der Rückkehr." Die
verschiedenen Aktionen beginnen um 13 Uhr und dauern bis 18 Uhr. Am Ende des
Marsches wird das Organisationskomitee, dem Vertreter der verschiedenen
palästinensischen Organisationen und Gruppen angehören (die „Oberste Nationale
Behörde des Großen Marsches der Rückkehr“), eine Erklärung abgeben.
In der Zwischenzeit gehen
die ägyptischen Vermittlungsversuche weiter, um eine Einigung zu erzielen und
eine Eskalation zu vermeiden. Am 27. März 2019 traf eine Delegation des
ägyptischen Geheimdienstes im Gazastreifen ein und traf mit Yahya al-Sinwar
zusammen, dem Leiter des politischen Büros der Hamas im Gazastreifen. Die
Delegation traf sich auch mit Vertretern anderer Organisationen. Israelische
Medien berichteten, dass Israel den ägyptischen Vermittlern eine Reihe von
Maßnahmen zur Entspannung der Situation im Gazastreifen vorgelegt habe, im
Gegenzug für eine Einstellung der Gewalt, einschließlich der Forderung, dass
der Marsch am 30. März 2019 gewaltfrei sein wird (Ynet, 28. März 2019).
Das Ausmaß der Gewalt
während des Marsches am 30. März 2019 kann als Testfall für den Grad der
Bereitschaft der Hamas angesehen werden, in naher Zukunft eine Einigung zu
erzielen.
Hintergrund der
"Märsche der Rückkehr"
·
Seit einem Jahr finden die "Märsche der Rückkehr" regelmäßig am
Freitag statt, begleitet von einer Vielzahl von gewalttätigen Aktionen. Die
Märsche und ihre ausschweifende Gewalt sind ein zentraler Bestandteil der
Hamas-Strategie der „kontrollierten Gewalt“, die seit einem Jahr gegen Israel
ausgeübt wird. Ziel ist es, die Hamas in eine Position der Stärke zu bringen, um
eine Vereinbarung mit Israel zu erreichen, die der Hamas wirtschaftliche
Vorteile bringt und klare Regelungen für die "Aufhebung der Belagerung"
beinhaltet. Die Strategie dient der Hamas auch als Mittel, um die Frustration
und Wut der Palästinenser im Gazastreifen von der Hamas weg und in Richtung des
Kampfes gegen Israel zu lenken. Gleichzeitig hat die Hamas (bisher) darauf
geachtet, nicht zu übertreiben (ihrer Meinung nach), um nicht in eine breite
militärische Konfrontation mit Israel hineingezogen zu werden.
·
Um den Märschen ein "populäres", inter-organisatorisches Bild zu
geben und zu verhindern, dass sie ausschließlich mit der Hamas identifiziert
werden, wurde das Organisationskomitee der "Obersten Nationalen Behörde
des Großen Marsches der Rückkehr" (die Oberste Nationale Behörde) eingesetzt.
Zur Obersten Nationalen Behörde gehören etwa 120 Mitglieder aus einer langen
Liste von terroristischen Organisationen und Körperschaften (darunter winzige
Gruppen), die im Gazastreifen tätig sind, und lokal angesehenen
Persönlichkeiten. Die Oberste Nationale Behörde arbeitet in Übereinstimmung mit
der Hamas-Strategie, präsentiert sich aber als verantwortlich für die "Märsche
der Rückkehr" und die damit verbundenen (gewalttätigen) Aktionen. In jedem
Fall wird die gesamte logistische und finanzielle Unterstützung für die Märsche
und ihre verschiedenen Aktionen hauptsächlich von der Hamas bereitgestellt, die
über Art und Ausmaß der Gewalt während der Märsche entscheidet, obwohl sie
keine absolute Kontrolle über die Aktionen vor Ort hat (da verschiedene Akteure
gelegentlich versuchen, die Strategie der Hamas in Frage zu stellen).
Geplante Ereignisse
·
Der Koordinator der Obersten Nationalen Behörde, der hochrangige Vertreter
des PIJ Khaled al-Batash, präsentierte auf einer Pressekonferenz die geplanten Aktionen
während des für Samstag, 30. März 2019, geplanten "Millionen Menschen - Tag
des Bodens - Marsch“. Während des Marsches werden ihm zufolge Aktionen in den
fünf "Lagern der Rückkehr" entlang der Grenze zum Gazastreifen
stattfinden. Er sagte auch, dass es am Samstag zu einem Generalstreik im Gazastreifen,
im Westjordanland und in Israel kommen wird. Al-Batash forderte die Bewohner
des Gazastreifens auf, sich massenhaft an den Aktionen zu beteiligen. Er rief
auch die Bewohner des Westjordanlandes auf, zu den Kontrollpunkten der IDF und
den Umgehungsstraßen zu gehen, und forderte die israelischen Araber auf, gegen
Israel und seine Politik zu demonstrieren. Er wiederholte, dass die Aktionen
während des Marsches "gewaltfrei" sein werden.
·
Die Organisatoren des Marsches kündigten die Absage des Marsches am Freitag,
29. März, an und sagten, dass alle Aktionen am 30. März stattfinden werden. Sie
gaben bekannt, dass die Aktionen an den fünf üblichen Orten, den "Lagern
der Rückkehr", stattfinden werden. Sie liegen östlich von Jabalia
(nördlicher Gazastreifen), östlich von Gaza-Stadt (zentraler Gazastreifen),
östlich des Flüchtlingslagers al-Bureij (zentraler Gazastreifen), östlich von
Khan Yunis (südlicher Gazastreifen) und in der Nähe von Rafah (südlicher
Gazastreifen). Sie sagten, dass es keine neuen Aktionsstätten geben werde.
Nach Einschätzung des Intelligence and Terrorism Information Center (ITIC) und nach den
Erfahrungen des vergangenen Jahres sind die "Lager der Rückkehr" die
Anlaufstelle für Tausende von Randalierern, die versuchen könnten, den Sicherheitszaun
an der Grenze zum Gazastreifen zu erreichen, um die Konfrontation mit den israelischen
Sicherheitskräften zu suchen und zu versuchen, auf israelisches Staatsgebiet
einzudringen.
(The Meir Amit Intelligence and Terrorism Information Center At the Israeli Intelligence Heritage and Commemoration Center, 28.3.2019)