Einer der Höhepunkte des Tages war die posthume Ehrung vierer „Gerechter unter den Völkern“.
Seit 1963 ehrt die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem nichtjüdische Menschen, die während der Zeit des Holocaust ihr Leben riskierten, um Juden zu retten, mit dem Titel „Gerechte/r unter den Völkern“.
In Deutschland lädt die Botschaft des Staates Israel gemeinsam mit Yad Vashem üblicherweise die Familien der Geehrten und die Familien der Überlebenden zu einer Feierstunde in die Botschaft ein, in der den Nachkommen der „Gerechten“ durch den Botschafter eine Ehrenurkunde und eine Medaille von Yad Vashem überreicht wird. Zum ersten Mal fand diese Zeremonie nun im Rahmen eines Israeltages statt, ein Rahmen, der es gerade jungen Menschen ermöglichte, etwas über die Geschichten dieser Menschen zu erfahren, die ihre Leben für andere, ihnen häufig bis dahin völlig fremde, Menschen riskierten.
Die Familien der „Gerechten unter den Völkern“ und der Überlebenden mit Staatsministerin
Brunhild Kurth (3. v. r.) und Botschafter Yakov Hadas-Handelsman (2. v. r.).
Beim Israeltag in Chemnitz wurde Margarethe von Helldorff geehrt, die die Dresdner Jüdin Eva Büttner gerettet hatte. Diese war mit einem nichtjüdischen Mann verheiratet und durch diese so genannte „Mischehe“ zunächst vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten geschützt gewesen. Als ihr Ehemann Paul jedoch im Oktober 1943 starb, war sie unmittelbar der Gefahr der Deportation und Ermordung durch die Deutschen ausgesetzt. Auf der Suche nach einem Versteck vermittelte ein Bekannter Eva Büttner den Kontakt zu Margarethe von Helldorff, die in der Nähe von Pulsnitz ein Schloss besaß. Über anderthalb Jahre versteckte und versorgte Margarethe von Helldorff die verfolgte Jüdin Eva Büttner und rettete ihr so das Leben.
Die Enkeltochter von Margarethe von Helldorff, Mechthild Gräfin von Walderdorff, nahm die Yad Vashem-Urkunde und Medaille in Chemnitz für ihre Großmutter entgegen.
Geehrt wurden darüber hinaus Martha Frieda Fischer, sowie Hermann und Emma Kloos. Sie hatten Miriam Wiesel gerettet. Die Jüdin Miriam Wiesel war im Frühjahr 1944 von ihrem Wohnort Viseul de Sus in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert worden. Von dort wurde sie in das Lager Schlesiersee II gebracht, ein Außenlager des KZ Groß-Rosen, in dem nur weibliche Gefangene waren. Als die Rote Armee immer näher rückte, zwangen die Deutschen die Gefangenen am 20. Januar 1945 auf einen 800 Kilometer langen Todesmarsch. Von den 1300 Frauen überlebten nur 140 den Todesmarsch. Am achten Tag des Marsches erreichten Miriam Wiesel und die anderen Frauen den Ort Ober Prauske. Der dortige Bürgermeister, Hermann Kloos, ließ die Frauen mit Essen und Kleidung versorgen. Als der Todesmarsch fortgesetzt wurde, versteckte seine Frau, Emma Kloos, Miriam Wiesel in ihrer Scheune. Die Situation wurde jedoch für die Verfolgte und ihre beiden Helfer nach einiger Zeit zu gefährlich. Da nahm eine Cousine der Familie, Martha Frieda Fischer, die verfolgte Jüdin in ihrer Wohnung in Schellerhau auf. Mit der Hilfe von Martha Frieda Fischer und dem Ehepaar Kloos konnte Miriam Wiesel den Holocaust überleben.
Die Enkeltochter von Martha Frieda Fischer, Claudia Siegel, nahm die die Yad Vashem-Urkunde und Medaille für ihre Großmutter entgegen. Seitens der Überlebenden nahmen ihre Tochter, Erica Wiesel, und ihr Sohn, Haim David Klein, an der Ehrung teil. Beide waren mit ihren Familien nach Chemnitz gekommen, Wiesel aus Israel und Klein aus den USA.