Gerechte unter den Völkern geehrt

Gerechte unter den Völkern geehrt

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    Botschafter Jeremy Issacharoff (Mitte), mit (v.l.n.r.) Sabina Escher-Sommer, Sir Konrad Schiemann, Ingrid Pommerencke und Friede-Renate Weigel – alle Angehörige von Elisabeth Schiemann Botschafter Jeremy Issacharoff (Mitte), mit (v.l.n.r.) Sabina Escher-Sommer, Sir Konrad Schiemann, Ingrid Pommerencke und Friede-Renate Weigel – alle Angehörige von Elisabeth Schiemann copyright: Botschaft/Ruthe Zuntz
     
     
    Am Dienstag ist in einer Yad Vashem-Feierstunde die Genetikerin Elisabeth Schiemann als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt worden.
     
    Die gemeinsame Veranstaltung der Max-Planck-Gesellschaft und der Botschaft fand im Harnack-Haus, der Tagungsstätte der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin statt. Es waren über 30 Angehörige von Elisabeth Schiemann zu der Ehrungszeremonie gekommen.
     
    Die Gäste wurden vom Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Martin Stratmann und Botschafter Jeremy Issacharoff begrüßt. In einer anschließenden Laudatio wurde die Geehrte gewürdigt, bevor Botschafter Jeremy Issacharoff die Yad Vashem-Medaille und die dazugehörige Urkunde an vier Großneffen und –nichten der Geehrten übergab.
     
    Der aus Großbritannien angereiste Sir Konrad Schiemann sprach im Namen der Familie. Er sagte: „Wie wohl jeder, dem sich die Frage nie gestellt hat: ‘Tue ich meine Pflicht – selbst wenn es mir das Leben kostet?‘, fühle ich eine gewisse Ehrfurcht in Erinnerung an jemanden, der diese Frage bejaht hat und das getan hat was sie als Pflicht empfand.“ Und er fügte hinzu: „Die ersten 30 Jahre nach ihrem Tode wusste ich gar nicht, was meine Großtante für die verfolgten Juden getan hat. Sie hat selber mit mir nie darüber gesprochen. So hat die ganze Familie große Freude daran, dass ihre Taten nun öffentlich anerkannt sind. Dass man in Jerusalem, nach allem was geschehen ist, Yad Vashem gegründet hat, ist wohl nicht erstaunlich. Was aber atemraubend erstaunlich ist, dass Juden es als Pflicht sahen, selbst die Deutschen zu ehren die sich so benommen hatten wie Tante Elisabeth.“
     
    Elisabeth Schiemann (1881-1972) gehört zu den herausragenden Naturwissenschaftlerinnen. Sie forschte als Botanikerin und Genetikerin unter anderem in der Max-Planck-Gesellschaft und deren Vorläufereinrichtung, der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.
     
    Während des Nationalsozialismus engagierte sie sich in der Bekennenden Kirche Berlin-Dahlem und forderte unermüdlich, wenn auch weitgehend ohne Erfolg, eine deutliche Stellungnahme gegen die staatliche Judenverfolgung. Da sie keinen Hehl aus ihrer Ablehnung der nationalsozialistischen Ideologie und Politik machte, wurde sie 1940 von der Universität Berlin entlassen.  
     
    Mit Elisabeth Schiemanns Hilfe konnten die jüdischen Schwestern Valerie und Andrea Wolffenstein (geb. 1891 und 1897) der drohenden Deportation und Ermordung entgehen, indem sie in den Untergrund gingen. Andrea Wolffenstein versteckte sich Anfang 1943 für zwei Monate in der Wohnung von Elisabeth Schiemann und ihrer Schwester Gertrud.
     
    Mitte Mai 1943 erhielten die Schwestern Wolffenstein durch den Helferkreis der Dahlemer Bekenntnisgemeinde gefälschte Papiere und verließen Berlin. In verschiedenen Verstecken gelang es ihnen, bis zum Kriegsende in der Illegalität zu überleben. Auch nach dem Ende des Krieges blieben die Schwestern Wolffenstein und die Schwestern Schiemann in Kontakt.
     
    Als die Berliner Universität im Januar 1946 offiziell eröffnet wurde, war Elisabeth Schiemann unter den neu berufenen Professoren. 1953 war sie die erste Wissenschaftlerin, die in der Max-Planck-Gesellschaft zum wissenschaftlichen Mitglied ernannt wurde. Sie starb im Januar 1972 in Berlin.
     
     
    Gerechte unter den Völkern
    Eine der wichtigsten Aufgaben von Yad Vashem ist es, Nichtjuden, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um Juden zu retten, die Dankbarkeit des Staates Israel und des jüdischen Volkes zu übermitteln. Sie werden als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. Bis heute haben 26.513 Männer und Frauen diesen Titel erhalten. Darunter sind 601 Deutsche.