Nach über fünf Jahren endet am 27. August 2017 meine Amtszeit als Botschafter in Deutschland. Ich blicke zurück auf eine intensive Zeit voller Erlebnisse und Erfahrungen, fordernde und emotionale, gute und weniger gute.
Ich muss wohl kaum betonen, warum es für jeden israelischen Diplomaten eine besondere Bedeutung hat, den Staat Israel hier in Deutschland zu vertreten. Ich komme aus einem Elternhaus, in dem es lange als undenkbar galt, deutsche Produkte zu kaufen, geschweige denn jemals nach Deutschland zu fahren. Mein Vater hat als einziger in seiner gesamten Familie die Shoa überlebt, weil er es rechtzeitig schaffte, nach Eretz Israel zu fliehen. Der Vater meiner Frau Ita überlebte die Shoa in Europa und war ebenfalls der einzige Überlebende in seiner Familie. Wer hätte vor diesem Hintergrund jemals gedacht, dass ich einmal als israelischer Botschafter nach Deutschland kommen würde? Für mich werden jedenfalls die positive Entwicklung und die heutige Dynamik der israelisch-deutschen Zusammenarbeit und Freundschaft niemals zu einer Selbstverständlichkeit werden.
Was nehme ich mit aus Deutschland? Neben dem Wissen, dass unsere Beziehungen heute auf politischer Ebene sowohl einzigartig als auch strategisch sind, auch die Überzeugung, dass sie diesen Status ebenso in der Zukunft behalten werden. Ich habe den Wandel, den Deutschland in den vergangenen Jahren durchlaufen hat, aufmerksam verfolgt. Deutschland steht heute an der Spitze der westlichen Welt und übernimmt auch über Europa hinaus immer neue Führungsaufgaben. Es bleibt nicht aus, dass sich Deutschlands neue außenpolitische Machtposition auch auf die deutsch-israelischen Beziehungen auswirkt. Was jedoch nicht vergessen werden darf, ist, dass sich Deutschland nur eine neue Identität aufbauen und einen Platz in der internationalen Gemeinschaft erarbeiten konnte, indem es sich zu seiner Vergangenheit bekannte und die notwendigen Konsequenzen zog. In andern Worten: Einen „Schlussstrich“ unter die Shoa kann und wird es nicht geben.
Von März 2012 bis August 2017 bin ich in so viele Städte und Orte gereist in Deutschland, wie ich konnte. Ich habe versucht, auch die Seiten meines Landes zu zeigen, die nicht so bekannt sind und Verbindungen zwischen Akteuren auf beiden Seiten zu knüpfen, die unsere florierenden Beziehungen gemeinsam weiter voranbringen können. Mir werden die vielen Begegnungen mit engagierten Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft in sehr guter Erinnerung bleiben, für die aus der Vergangenheit ganz offensichtlich Verantwortung erwächst. Sie haben gemeinsam mit ihren israelischen Partnern die Zusammenarbeit auf so vielen Ebenen in Bewegung gebracht, dass wir zu keinem Zeitpunkt still stehen. Irgendetwas passiert immer, in der Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, im Sport- und Jugendaustausch und in vielen anderen Bereichen - zum Nutzen beider Länder und beider Völker. Besonders gut war das im Jubiläumsjahr 2015 zu beobachten, in dem wir gemeinsam „50 Jahre diplomatische Beziehungen Deutschland – Israel“ begangen haben.
Als israelischer Botschafter war ich selbstverständlich rund um die Uhr im Dienst. Trotzdem nehme ich auch privat viele gute Erinnerungen mit nach Israel, zum Beispiel die an unzählige spannende Bundesliga- und Pokalspiele in Stadien im ganzen Land. Leider hat mein Talent nicht gereicht, um ein guter Fußballspieler zu werden. Doch seit meiner Kindheit bin ich begeisterter Fußballfan, und bis heute ist ein Besuch im Stadion für mich die beste Form der Erholung.
Heute möchte ich mich nun mit einem herzlichen Dankeschön für die Unterstützung, das Vertrauen, die kreative Zusammenarbeit und die Freundschaft verabschieden.
Lehitraot – auf Wiedersehen!
Botschafter Hadas-Handelsman hat über seine Erlebnisse in den vergangenen fünf Jahren ein kleines Buch veröffentlicht, das hier online gelesen werden kann. Die Printausgabe des Buches ist leider bereits vergriffen.