Im November fand in Tel Aviv und Jerusalem das iSRA-DRaMA 2022 statt. Teilnehmer:innen aus aller Welt haben die Möglichkeit, die neuesten Performances aus Israel zu sehen, israelische Künstler:innen kennenzulernen und diese auf die Bühnen anderer Länder zu bringe. Johanna Mertinz nahm dieses Jahr teil und schildert im folgenden Bericht einige Eindrücke der spannenden fünf Tagen:
Mittwoch, 16. Nov
Die Anreise von Wien nach Tel Aviv lief reibungslos. Auf die Taxifahrt und ersten Eindrücke dieser wunderbaren Stadt folgte das Opening-Event mit einem ersten persönlichen Kennenlernen der VeranstalterInnen und TeilnehmerInnen. 46 Menschen aus aller Welt, geeint durch ihr Interesse am Theater in Israel.
Die erste Vorstellung war Games in the Backyard im Baruch Ivcher Beit Lessin Theatre. Eine sehr gute Aufführung erwartete uns, mit englischen Untertiteln. Die jungen DarstellerInnen transportierten das Stück, in welchem sich sowohl Opfer als auch Täter immer wieder in die Doppelrollen der Anklägerin und der Verteidiger verwandelten. Dieses Kriminalstück von Edna Mazya wäre es wert, übersetzt und hier gezeigt zu werden.
Donnerstag, 17. Nov
Per Bus fuhren wir zum Theater Nalaga´at Center in Jaffa um die einzigartige Arbeit des Theaterensembles der Vorstellung It Could Be a Man Standing in the Snow zu sehen. Schwer sehbehinderte bis blinde und gleichzeitig taube Menschen (Usher Syndrom) spielten eine Reihe von Szenen, die größtenteils von ihnen selbst entwickelt wurden. Die Konfrontation mit dem Mut und der Kreativität der DarstellerInnen und die Einblicke, die sie uns durch ihre Darstellung in ihre Welt gaben, haben mich nachhaltig beeindruckt. Es wäre wunderbar, diese Company nach Wien zu bringen, zusammen mit der Regisseurin Emanuella Amichai.
Abends gingen wir zu Fuß in das Habima Nationaltheater für The Memory Monster. Ein exzellenter Schauspieler, Ben Yosipovich und ein sehr gutes Stück mit bedrückendem Schluss. Sowohl das Stück als auch die Aufführung wären einem hiesigen Publikum sehr zu empfehlen.
Freitag, 18. Nov
Um 10:00 Uhr fand ein Screening von Krum im Tmu-Na Theater statt. Gezeigt wurde eine deutschsprachige Aufführung des Stückes durch das Hamburger Thalia Theater. Wie fabelhaft dieses Stück von Hanoch Levin über „zwei Hochzeiten und zwei Begräbnisse“ auch in der Übersetzung und von deutschen Schauspielern gespielt wurde, zeigt: israelische Stücke übersetzen und spielen!
Samstag, 19. Nov
Ein bisschen Durchatmen, versuchen, diese Fülle von Eindrücken zu verarbeiten, zu sortieren.
Abends war das Stück Whom my Soul Loves im Habima National Theater angesetzt: ein Familiendrama um die Themen Homophobie und Hate Crimes, in interessantem Bühnenbild sensibel und mit hervorragenden SchauspielerInnen umgesetzt.
Sonntag, 20. Nov
Um 8:30 Uhr war die Fahrt per Bus nach Jerusalem angesetzt, ich liebe und bestaune diese Stadt immer wieder. In der Hazira Performance Art Arena konnten wir The Water Boy and the Water sehen, eine bezaubernde, innovative Vorstellung, ein miniature spectacle von Ariel Sereni Brown, das bereits auf vielen Festivals gezeigt wurde.
Zurück in Tel Aviv began um 20:30 Uhr dann noch die für uns letzte Vorstellung von iSRA-DRaMA 2022: The Tank im Cameri Theater, sehr große Bühne, ein total volles Haus. In der perfekten Regie von Irad Rubinstein und eindrucksvollen Bühnenbildern wurde tragisch, komisch, pathetisch und sensibel von fünf DarstellerInnen Israels Unabhängigkeitskrieg und, 25 Jahre später, der Yom Kippur Krieg abgehandelt. Mit diesem großen, wuchtigen Abend ging das iSRA-DRaMA 2022 offiziell zu Ende.
Da iSRA-DRaMA 2022 war eine umfassende, hochinteressante und für jeden Theatermenschen bereichernde Erfahrung. Allen daran Beteiligten ist größter Dank und Hochachtung auszusprechen. Es war mir eine Ehre, zu diesem Festival eingeladen worden zu sein.
Johanna Mertinz