Es handelt sich bei
dem Genfer Abkommen um die beispiellose internationale Anerkennung des
iranischen Atomprogramms zur Urananreicherung, denn mit dem Genfer Abkommen
wird der Iran seine Fähigkeiten zur Urananreicherung vollständig beibehalten -
sowohl in der ersten 6-monatigen Phase, innerhalb welcher alle beteiligten
Parteien Maßnahmen ergreifen, als auch im letzten Schritt, wenn die endgültige
Verständigung über das Atomprogramm Irans erfolgt. Das bedeutet konkret, dass
zum ersten Mal seit Beginn der Verhandlungen im Jahr 2003 die internationale
Gemeinschaft Irans Atomprogramm akzeptiert und nicht fordert, dass es
vollständig gestoppt wird. Diese Haltung widerspricht der langjährigen Politik
zum vollständigen Programmstopp, welche auch in zahlreichen UN-Sicherheitsratsresolutionen
enthalten ist.
Die Bestandteile des Abkommens lassen jede Forderung nach dem Abbau des
Schwerwasserreaktors Arak vermissen. Das Abkommen erwähnt lediglich die
Notwendigkeit, Bedenken bezüglich des Reaktors zu formulieren. Damit wird
dem Iran de facto die Möglichkeit gegeben, die Anlage weiterhin zu
betreiben, was bspw. zwingend notwendig zur Produktion von waffenfähigem
Plutonium ist.
Auch erlaubt das Abkommen dem Iran weiterhin im Bereich der
Zentrifugenforschung aktiv zu sein, was dem Iran erlauben wird, seine
Anreicherungsfähigkeiten in Einklang mit dem Abkommen dennoch massiv auszubauen
und zu stärken. Das heißt konkret, dass der Iran in einer besseren
Ausgangsposition sein wird, Uran anzureichern, wenn er dies beschließt.
Ein zusätzlicher
Aspekt, der zu bedenken ist, ist, dass der bestehende Vorrat von bis 5%
angereichertem Uran bestehen bleibt, was derzeit 7 Tonnen Uran entspricht, und
ihn nicht auszubauen. Obwohl das Abkommen erfordert, dass der Iran in der ersten
Phase sämtliches in Natanz und Fordow produzierte, schwach angereicherte Uran
(LEU = low enriched uranium) in Oxid umwandelt, hängt diese Umwandlung von der
Verfügbarkeit der entsprechenden Umwandlungseinrichtungen ab.
Angesichts der iranischen Strategie der Zeitgewinnung wäre es keine
Überraschung, wenn der Iran weiter Material ansammelt, noch vor dem
Inkrafttreten der ersten Phase und darüber hinaus.
Das Abkommen
versetzt Iran zudem in die bedenkliche Lage, jederzeit die in den kommenden
sechs Monaten geforderten Maßnahmen rückgängig zu machen, da das Abkommen keine
Forderungen bspw. dahingehend erhebt, die Anlagen abzubauen. Da die nukleare
Infrastruktur vollständig erhalten bleibt, kann Iran jederzeit die Anlagen in
vollen Betrieb nehmen.
Ein weiterer bedenklicher Aspekt des Abkommens ist die militärische Dimension,
die vollständig vernachlässigt wird. Es werden in dem Abkommen in keiner Weise
von Iran Informationen, Antworten, oder Zugang zu den militärischen Dimensionen
des iranischen Atomprogramms gefordert. Das eigentliche Kernproblem des
Atomkonfliktes liegt doch darin, dass der Iran die Produktion von Atomwaffen
betreibt. Dass davon keine Rede ist, lässt in einem Abkommen, welches vor allem
das Vertrauen in die friedvollen Absichten Irans schaffen soll, große Bedenken
aufkommen.
Zudem unterminieren die Lockerungen der Sanktionen den mit ihnen auf den Iran
ausgeübten Druck. Dass Iran letztlich an den Verhandlungstisch gebracht wurde,
ist der Erfolg der verhängten Sanktionen. Diese Sanktionen nun ohne relevante
Zugeständnisse seitens Irans zu lockern ist extrem kontraproduktiv, da Iran nun
keine Veranlassung hat, relevante Einschränkungen seines Atomprogramms zu
akzeptieren.
Vor allem mag im privaten Wirtschaftssektor das Abkommen als Signal gesehen
werden, dass Iran auf dem Weg aus der internationalen Isolation heraus ist. Das
kann dem Handel mit Iran neuen Aufschwung verleihen.
Die große Gefahr bei Interimsabkommen, wie es die ersten sechs Monate des
Genfer Abkommens darstellen, liegt darin, dass sie zu einem Dauerzustand
werden. Dadurch wird verhindert, dass hinter der Fassade des Abkommens die
ursprünglichen und tatsächlichen Konfliktpunkte konkret angegangen oder
nachhaltig gelöst werden. Angesichts der vorgetragenen Beobachtungen wird deutlich,
dass dem Iran mit internationaler Zustimmung der Weg bereitet wird, eine
Atommacht zu werden.
Wir hoffen,
Ihnen Israels Bedenken verdeutlicht zu haben, die in der aktuellen
Berichterstattung verkürzt dargestellt werden.
Alle
vorangehenden und weiterführenden Stellungnahmen und Hintergründe der Position
Israels zu Iran finden Sie auch unter diesem Link.