Innsbruck – Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt von Israel durch die USA hat international für Aufregung und Ablehnung gesorgt, schreibt die Tiroler Tageszeitung und sprach darüber mit unserer Botschafterin Talya Lador-Fresher.
TT: Was bedeutet der Schritt der USA aus israelischer Perspektive?
Talya Lador-Fresher: Die Entscheidung von Präsident Donald Trump wurde in Israel von links und von rechts begrüßt. Heute befinden sich alle politischen Institutionen in Jerusalem. Wir glauben, dass andere Länder der Entscheidung der USA folgen werden. Die Israelis wollen zwei Staaten für zwei Völker. Aber die Altstadt von Jerusalem steht nicht zur Debatte.
TT: Wie erklären Sie sich die internationale Kritik?
Lador-Fresher: Niemand würde von den Palästinensern erwarten, die Entscheidung zu begrüßen. Aber in Europa bezog sich der Großteil der Kritik eher auf den Zeitpunkt als auf die Sache selbst: Warum jetzt? Warum nicht in Absprache? Warum ohne Friedensplan?
TT: Die Palästinenser wollen im Ostteil Jerusalems ihre Hauptstadt errichten. Die Entscheidung der USA wurde als Schritt verstanden, der die Palästinenser vertreibt ...
Lador-Fresher: Was meinen Sie mit Ostteil? Es gab in der Vergangenheit kreative Ideen, was die östliche Nachbarschaft von Jerusalem betrifft.
TT: Die Grenze von 1967 schneidet mitten durch die Stadt ...
Lador-Fresher: Als Israelis und Palästinenser noch über die zukünftigen Grenzen verhandelt haben, war die Sprachregelung „basierend auf der Grenze von 1967“. Unabhängig von der Jerusalemfrage war selbst im Olmert-Plan bei einem zukünftigen Deal der Austausch von Gebieten vorgesehen.
TT: Man könnte den Eindruck gewinnen, dass derzeit beide Seiten den Konflikt anfachen ...
Lador-Fresher: Wir schüren den Konflikt sicher nicht. Wenn die Palästinenser glauben, dass es ihnen durch Hetze, Terror und Gewalt besser gehen wird, dann schätzen sie die Situation falsch ein. Es ist auf jeden Fall unser Wunsch, dass sich die humanitäre Lage im Gazastreifen und die wirtschaftliche Lage in der Westbank verbessert.
TT: Aber was ist die politische Perspektive? Kein Experte hält die Zweistaatenlösung noch für realistisch. Gegner gibt es sogar in der israelischen Regierung.
Lador-Fresher: Premierminister Benjamin Netanjahu hat nicht gesagt, dass die Zweistaatenlösung tot sei. Er sagte, jede Vereinbarung müsse auch in einem größeren Zusammenhang gesehen werden. Die größte Bedrohung für Israel sind nicht die Palästinenser, sondern sie geht vom Iran aus. Die iranischen Revolutionsgarden stehen in Syrien nur wenige Kilometer von Israels Grenze entfernt, ebenso wie die vom Iran unterstützte Hisbollah im Libanon. Jede Vereinbarung in der Region wird nicht allein zwischen Israel und den Palästinensern geschlossen, sondern zwischen mehreren Parteien.
TT: Und wenn das nicht funktioniert? Gibt es einen Plan B?
Lador-Fresher: Ich glaube, viele in Europa sagen: Lasst uns einmal ein Abkommen schließen, und dann schauen wir weiter. Aber im Nahen Osten können wir uns das nicht leisten. Es muss ein guter Deal sein oder es gibt keinen Deal. Als jüdische Minderheit in dieser Region werden wir nicht viele Risiken eingehen, was unsere Sicherheit betrifft. Und jeder Kompromiss mit den Palästinensern bedeutet Risiken. Fragen Sie einmal Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, was er eigentlich will. Wenn sein Traum ist, dorthin zurückzukehren, wo heute Israel liegt, dann vergessen Sie es.
TT: Ist es so schwer zu sagen, was die Palästinenser wollen? Die Grundzüge eines Abkommens liegen doch auf dem Tisch ...
Lador-Fresher: Ich habe keinen Palästinenserführer gehört, der sich vor seine Leute hinstellt und sagt: „Was ich euch jahrzehntelang versprochen habe, wird nicht passieren. Nehmt die Schlüssel zu euren früheren Häusern in Jaffa (im heutigen Israel) und werft sie weg, denn wir kehren nicht zurück. Was wir bekommen, ist ein demilitarisierter, unabhängiger Staat, basierend auf der Grenze von 1967.“ Haben Sie einen Palästinenserführer gehört, der das öffentlich sagt? In der Vergangenheit haben viele israelische Politiker klargestellt, dass wir den Traum von Israel in seinen biblischen Grenzen aufgeben müssen. Frieden zu bekommen bedeutet, harte Kompromisse einzugehen.
Das Gespräch führte Floo Weißmann. Den vollständigen Artikel finden Sie
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