Österreichische Politiker können Israel unterstützen

Interview mit Bot. Talya Lador-Fresher

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    Bot. Lador-Fresher im Gespräch mit Floo Weißmann Bot. Lador-Fresher im Gespräch mit Floo Weißmann
     
     
    Ende Oktober reiste Botschafterin Talya Lador-Fresher erstmals nach Tirol. In einem Interview mit Floo Weißmann von der Tiroler Tageszeitung äußerte sie sich unter anderem zu der Frage, wie österreichische Politiker Israel helfen können.

    Einen detaillierten Bericht über die Dienstreise der Botschafterin findet ihr auf unserer Facebook Seite.

    Wie zufrieden sind Sie mit der österreichischen Regierung?
    Talya Lador-Fresher: Die Beziehungen zwischen Israel und Österreich sind einzigartig. Heuer feiern wir 60 Jahre diplomatische Beziehungen. Es gab mehr Höhe- und Tiefpunkte als mit anderen europäischen Ländern. Zweimal haben wir unseren Botschafter aus Wien abberufen, was sehr ungewöhnlich ist.

    Die Beziehungen sind geprägt durch die Geschichte der Juden in Österreich…
    Lador-Fresher: Man sollte das Gute nicht vergessen. In der Zeit von Kaiser Franz Joseph konnte die jüdische Gemeinde florieren. Juden haben in der Medizin, Kultur, Wirtschaft usw. einen bedeutenden Beitrag geleistet. Dieses Erbe ist in Österreich auch heute noch präsent.
    Allerdings mussten sich später jene glücklich schätzen, die vor dem Holocaust fliehen konnten. Die nicht fliehen konnten, sind umgekommen. In diesem Sinn ist Österreich auch anders als viele andere europäische Länder.

    Wie geht Österreich mit der Besonderheit um?
    Lador-Fresher: Viele Dinge bewegen sich in die richtige Richtung – etwa die Bildung zum Thema Holocaust. Aber das hat spät begonnen. Erst die Debatte über die Vergangenheit des Präsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim 1986 ist zum Wendepunkt geworden.
    Österreich hat noch einen langen Weg vor sich, wenn es darum geht, sich den Holocaust einzuprägen – weil es ein wichtiger Teil Ihrer Geschichte ist, wie es ein Teil unserer Geschichte ist.

    Welchen Schluss ziehen Sie aus der Geschichte?
    Lador-Fresher: Dass die Zukunft des jüdischen Volkes im Staat Israel liegt. Ich hätte gerne, dass die österreichischen Positionen gegenüber Israel näher an den deutschen liegen. In Deutschland ist sehr klar: Wegen der Vergangenheit gibt es eine besondere Verantwortung und Beziehung zu Israel, und darum ist das Verständnis für Israels Sicherheitsbedürfnisse besser. Denn wir sagen gemeinsam: Nie wieder!
    Es darf nie wieder so weit kommen, dass das jüdische Volk in seine Vernichtung getrieben wird. Dafür brauchen wir ein starkes Israel, das sich selbst helfen kann, das Terrorismus bekämpft und sich vor der Drohung einer iranischen Atombombe schützt.

    In welchen Punkten soll sich Österreich der deutschen Position annähern?
    Lador-Fresher: Natürlich ist Österreich ein viel kleineres Land als Deutschland. Aber österreichische Politiker können beispielsweise in der Europäischen Union und bei den Vereinten Nationen klarmachen, dass sie Israels Position unterstützen.
    Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel hat vor seinem Iran-Besuch klargemacht: Wir können die Beziehungen zum Iran normalisieren, nachdem der Iran seine Aufrufe zur Zerstörung Israels gestoppt hat. Ich hätte gerne, dass österreichische Politiker dasselbe sagen.
    Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hingegen hat gesagt, Israel war auf seiner Reise nach Teheran kein Thema. Das ist ein großer Unterschied! Man kann mit dem Iran Geschäfte machen, aber zugleich sagen, dass ein Aufruf zur Zerstörung Israels absolut inakzeptabel ist.

    Israel hat keine Beziehungen mit der FPÖ. Wie stehen Sie zu deren Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer?
    Lador-Fresher: Dazu habe ich seit meinem Amtsantritt stets nur diesen einen Satz gesagt: Israel hat keine offiziellen Beziehungen zur FPÖ.

    Und sollte Hofer Bundespräsident werden?
    Lador-Fresher: Dazu sage ich nichts.

    Die FPÖ ist eine von mehreren rechtspopulistischen Parteien in Europa, die sich im Aufwind befinden…
    Lador-Fresher: Wir beurteilen diese Parteien nach ihren Aussagen zum Thema Antisemitismus, ihrer Haltung gegenüber Israel und ihrem Blick auf den Holocaust. Nicht alle sagen das Gleiche.

    Der Antisemitismus in Europa nimmt zu. Besorgt Sie das auch mit Blick auf Österreich?
    Lador-Fresher: Absolut. Die Stadt Wien hat die Einstellungen von jugendlichen Muslimen untersucht. Das Ergebnis war entsetzlich: 47 Prozent vertraten eine antisemitische Haltung. Das sollte die gesamte österreichische Gesellschaft alarmieren.
    Meine erste Erwartung wäre, dass andere gleich besorgt sind wie ich – und auf viele Österreicher trifft das zu. Aber ich kann keine Anleitung geben. Antisemitismus hat nicht mit Fakten zu tun, sondern in vielen Fällen mit Gehirnwäsche von Kindesbeinen an. Das zu beseitigen, ist ein langer Prozess.
    Es geht auch nicht allein um die Haltung gegenüber Juden, sondern beispielsweise auch gegenüber Frauen – oder gegenüber Homosexuellen, die von noch mehr Befragten abgelehnt wurden.

    Österreich steht in dieser Hinsicht nicht alleine. Wie steht es um die Beziehung zwischen Israel und Europa?
    Lador-Fresher: Wir waren gegenüber dem Arabischen Frühling von Anfang an viel skeptischer als die Europäer. Diese Entwicklung sowie die Themen Flüchtlinge und Terrorismus haben vielleicht Europas Blick auf Israel verändert. Es gibt mehr Verständnis für unsere Sicherheitsbedürfnisse und für die Maßnahmen, die wir ergreifen. Wir müssen unsere Bemühungen zusammenführen und jene bekämpfen, die unseren westlichen Lebensstil zerstören wollen. In dieser Hinsicht hat es Fortschritte gegeben. Aber wir sind noch nicht dort, wo wir gerne wären.

    Was meinen Sie damit?
    Lador-Fresher: Israel ist nicht nur die einzige stabile Demokratie im Nahen Osten, sondern wir sind auch ein stabilisierender Faktor. Alle Regionalmächte sind in Syrien verwickelt, aber wir halten uns heraus. Dazu kommt unsere Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn Ägypten und Jordanien … Unglücklicherweise erhalten wir dafür nicht die gebührende Anerkennung – nicht von den europäischen Regierungen und nicht von den europäischen Zeitungen. Das muss man klar und deutlich sagen.

    Das Gespräch führte Floo Weißmann; zur Originalversion geht es hier​