Staatspräsident Isaac Herzog traf am Mittwoch (9.3.) mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan im Präsidialkomplex in Ankara zusammen. Es folgt der vollständige Text der Erklärung von Präsident Herzog:
"Vielen Dank, Eure Exzellenz, Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Eşim ve ben Turkiye'de misafiriniz olarak bulunmaktan çok mutluyuz. [Meine Frau und ich freuen uns sehr, Ihre Gäste in der Türkei zu sein.] Ich danke Ihnen für die Einladung zu einem Staatsbesuch hier in der Republik Türkei und für das produktive Treffen, das wir gerade hatten, und bei dem viele Themen besprochen wurden.
Ihre Einladung und mein Besuch hier sind eine Fortsetzung des willkommenen Dialogs und der Kontakte, die Sie seit meinem Amtsantritt in Israel aufgenommen haben.
Dies ist ein sehr wichtiger Moment in den Beziehungen zwischen unseren Ländern, und ich empfinde es als ein großes Privileg für uns beide, den Grundstein für die Pflege freundschaftlicher Beziehungen zwischen unseren Staaten und unseren Völkern zu legen und Brücken zu bauen, die für uns alle wichtig sind.
Die Beziehungen zwischen unseren Völkern sind uralt und haben starke historische, religiöse und kulturelle Wurzeln. Die lange Reihe großartiger jüdischer Führer, Rabbiner, Dichter, Weisen, Kaufleute und Unternehmer ist nur ein Teil der Geschichte des jüdischen Volkes hier in diesem Land.
Herr Präsident, leider haben die Beziehungen zwischen unseren Ländern in den letzten Jahren eine gewisse Dürre erlebt.
Ich glaube, dass die Beziehungen zwischen unseren Ländern jetzt an Taten gemessen werden, die den Geist des gegenseitigen Respekts widerspiegeln und uns in die Lage versetzen werden, die regionalen und globalen Herausforderungen, die uns alle betreffen, besser zu bewältigen.
Israel und die Türkei können und sollten, wie Sie sagten, in vielen Bereichen zusammenarbeiten, die dramatische Auswirkungen auf diese Region haben, die wir alle 'Heimat' nennen.
Ihr Außenminister wird nächsten Monat Israel besuchen und sicherlich Gespräche mit dem israelischen Außenminister führen, um diese Mechanismen und die Agenda, die Sie ausführlich beschrieben haben, in allen Bereichen aufzubauen, und wir werden versuchen, den Dialog zu fördern und ihn durch Taten zu prüfen.
Herr Präsident, der große Dichter Nazim Hikmet, einer der größten türkischen Dichter der Neuzeit, dessen Gedichte, Sie oft zitieren, die so voller Menschlichkeit und Friedenssehnsucht sind, schrieb in seinem Gedicht 'Über das Leben' die folgenden Verse:
‚So ernst wirst du das Leben nehmen,
dass du selbst mit siebzig noch, zum Beispiel, einen Olivenbaum pflanzt,
und zwar nicht, um ihn deinen Kindern zu hinterlassen oder so,
sondern weil du, obwohl du dich vor dem Sterben fürchtest, an den Tod nicht glaubst –
weil das Leben eben schwerer wiegt.‘
Heute, Herr Präsident, wie in diesen Versen, entscheiden wir uns gemeinsam für ein Leben, das ‚schwerer wiegt‘. Das Gepäck der Vergangenheit verschwindet nie von selbst, aber wir - unsere beiden Völker, unsere beiden Länder - entscheiden uns dafür, eine Reise des Vertrauens und des Respekts anzutreten, zu der ein intensiver Dialog in allen Bereichen gehören wird, und ich danke Ihnen für die intensive Diskussion, die wir gerade geführt haben. Wir haben uns entschieden, gemeinsam nach vorne zu schauen.
Wir müssen uns im Voraus darauf einigen, dass wir nicht in allen Fragen einer Meinung sein werden. Das liegt in der Natur einer Beziehung mit einer so reichen Vergangenheit wie der unseren. Aber wir werden danach streben, unsere Meinungsverschiedenheiten mit gegenseitigem Respekt und gutem Willen zu lösen, mit Hilfe der geeigneten Mechanismen und Institutionen, die wir gemeinsam entwickeln werden, und mit dem Blick auf eine gemeinsame Zukunft.
Sie und ich, Ihr Volk und das meine, wir alle sind Kinder Abrahams, des Vaters der Gläubigen an Gott.
Wie Sie wissen, habe ich im Vorfeld unseres heutigen Treffens Gespräche mit den Staats- und Regierungschefs anderer Staaten in unserer Region geführt, und ich glaube, dass Sie und ich hier beweisen, was wir alle verstehen: dass Partnerschaft und gute nachbarschaftliche Beziehungen zwischen uns - hier im östlichen Mittelmeerraum - für uns alle wichtig sind.
Ich glaube, dass wir alle, Angehörige aller Religionen - Muslime, Juden und Christen - in dieser schönen Region in Frieden leben können und müssen, Seite an Seite, Hand in Hand. Ich erwarte von uns, dass wir zusammenarbeiten, um die Stabilität, den Wohlstand, den Frieden und die Sicherheit in unserer Region zu stärken, zum Wohle aller Völker dieser Region.
Das ist es, wovon ich in Jerusalem träume; das ist es, wovon ich in Ankara träume. So handle ich, und so handelt die israelische Regierung. Wir respektieren die Religionsfreiheit und die Religionsausübung an jedem Ort.
Herr Präsident, erst in den letzten Wochen, und darüber haben wir gesprochen, haben wir wieder einmal gesehen, wie schlimm Kriege sind. Der Krieg in der Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe, die die ganze Welt schockiert. Wir können diesem menschlichen Leid nicht gleichgültig gegenüberstehen, und ich begrüße jede Anstrengung, die zu einem Ende des Blutvergießens führt. Der israelische Premierminister Naftali Bennett und die israelische Regierung tun ihr Möglichstes in dieser Angelegenheit, und ich schätze und respektiere auch Ihre Bemühungen, Herr Präsident, die zu dem wichtigen Gipfel geführt haben, der morgen (10.3.) in Ihrem Land stattfinden wird, und ich bete für positive Ergebnisse.
Herr Präsident, in Tagen wie diesen wollen wir eine Botschaft aussenden, dass wir in eine andere Richtung arbeiten und neue Hoffnung für unsere Region schaffen.
Ich danke Ihnen sehr, Herr Präsident.
“Çok teşekkür ederim! [Ich danke Ihnen sehr!]
Ich bete, dass Gott an unserer Seite sein wird und uns auf unserem neuen Weg begleiten wird.“
(Amt des Staatspräsidenten, 9.3.2022)