Zusammenstoß mit der Demokratie
Von Kalman Liebskind, Maariv, 17.08.12
Shimon Peres hat gestern eindeutig klargestellt, dass er genug hat von der israelischen Demokratie. Es ist klar, dass wenn der israelische Präsident sich Sorgen macht, er seine Meinung sagen kann und muss. Doch er ist nicht nur irgendein Demonstrant, der vor dem Haus des Verteidigungsministers ein Schild hochhält. Er ist nicht irgendein weiterer Regisseur oder „Intellektueller“, der eine Petition bei Haaretz unterschreibt. Shimon Peres ist der Staatspräsident.
Und der Staatspräsident sollte, wenn er den Ministerpräsidenten kritisieren möchte, dies in einem Vier-Augen-Gespräch tun. Nicht im Fernsehen. Unter anderem, weil hier über viele Jahre und mit viel Anstrengung ein sehr fragiler demokratischer Staat aufgebaut wurde, auf den Peres selbst so stolz ist. Und im Rahmen der Demokratie wählen die Bürger des Landes den Menschen, der sie führen und für sie in allen Angelegenheiten entscheiden soll, von der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse bis hin zum iranischen Atomreaktor. Peres hat immer wieder das Volk um sein Vertrauen gebeten. Netanyahu hat es erhalten.
Und die Entscheidung, dass wenn der Ministerpräsident seine Meinung nicht akzeptiert, ihn einfach zu vergewaltigen, um sie zu erhalten, ist nicht weniger als eine grobe Verletzung der demokratischen Prozesse. Peres kann jetzt nicht mehr an die israelische Demokratie erinnern und sich über ihren Zustand besorgt zeigen, nachdem er ihr gestern aufs brutalste auf den Kopf getreten ist.
Und je mehr wir uns mit Peres und seinen Vorhersagen beschäftigen, können wir sie nicht analysieren, ohne uns mit der Geschichte und dem Hintergrund auseinanderzusetzen, den er auf diesem Gebiet hat. Peres will dem Staat nichts Böses. Er versucht, ihm Gutes zu tun. Die Sache ist nur, dass er bis heute beinahe auf jeder sicherheitsrelevanten Station auf der falschen Seite war. Alle seine Aussagen sind ihm um die Ohren geflogen, alle Schritte, gegen die er war, stellten sich im Nachhinein als richtig heraus, alle, die er selbst eingeleitet hat, dagegen als Katastrophe. Das heißt nicht, dass er immer falsch liegen muss. Es heißt nur, dass mit so einem Hintergrund man von ihm hätte ein wenig Bescheidenheit und Vorsicht erwarten können.
Peres war für den Abkopplungsplan aus dem Gazastreifen und hat sogar versprochen, dass die Araber auf den Trümmern der Siedlungen von Gush Katif, von wo aus heute Grad- und Kassam-Raketen abgeschossen werden, Jugenddörfer errichten würden; Peres war gegen die Bombardierung des irakischen Reaktors; Peres war der Architekt der Osloer Verträge und erklärte mit seiner Unterschrift, dass nun „100 Jahre des Terrors zu Ende sind und 100 Jahre der Koexistenz und guter Nachbarschaft begonnen“ hätten – nur einen Moment, bevor mehr als 100.000 unschuldige Menschen für diese Koexistenz mit ihrem Leben bezahlt haben.
Wer sich bei der Gymnastik verschätzt, fällt allenfalls vom Balken. Doch eine Fehleinschätzung von jemandem, der sich über so viele Jahre mit so sensiblen Themen befasst wie Peres, kann eine ganze Nation gefährden. Niemand wird bestreiten, dass es Netanyahu bis heute auf außergewöhnliche Weise gelungen ist, das Problem Iran in eine globale Angelegenheit zu verwandeln und dass seine Politik des „haltet mich auf“ ihren Anteil bei den Sanktionen gegen den Iran hatte. Viele sind der Meinung, dass seine Verschärfung seiner Aussagen und seine Drohungen der letzten Wochen Teil dieser Strategie sind. Wenn das so ist, dann hat sich Peres gestern denjenigen angeschlossen, die die Abschreckungskraft Israels schwächen. Die glücklichsten Menschen der Erde saßen gestern Abend wohl im Zentrum von Teheran.
Die auf der Website veröffentlichten Kommentare geben nicht grundsätzlich den Standpunkt der israelischen Regierung wieder, sondern bieten einen Einblick in die politische Diskussion in Israel.
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